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Unterhaltsvorschussleistungen: Können bei Kinder-Mitbetreuung durch anderen Elternteil ausgeschlossen sein

14.12.2023

Leben die Eltern eines Kindes getrennt und leistet der barunterhaltspflichtige Elternteil den Mindestunterhalt nicht, beteiligt sich aber an der Betreuung des Kindes, besteht ein Anspruch auf Gewährung von Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz nur dann, wenn der Mitbetreuungsanteil unter 40 Prozent liegt. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) entschieden.

Die Klägerin beantragte Unterhaltsvorschussleistungen für ihre siebenjährigen Zwillinge. Der Beklagte lehnte die Leistung mit der Begründung ab, die Kinder lebten im Sinne des Unterhaltsvorschussgesetzes nicht bei der Klägerin, weil sie gemäß einer familienrechtlichen Vereinbarung 14-tägig von Mittwochnachmittag bis Montagmorgen beim Vater seien, der sie in dieser Zeit betreue.

Die auf Gewährung von Unterhaltsvorschussleistungen gerichtete Klage blieb vor dem Verwaltungs- und dem Oberverwaltungsgericht (OVG) erfolglos. Das OVG stellte auf das gemeinsame Sorgerecht der Eltern sowie darauf ab, dass dieses auch tatsächlich praktiziert werde. Dies zeige sich an einem Betreuungsanteil des Vaters, der während der Schulzeiten 36 Prozent betrage und zu einer wesentlichen Entlastung der Klägerin bei der Betreuung der Kinder führe.

Das BVerwG hat den Beschluss des OVG aufgehoben und die Sache an dieses zurückverwiesen. Der Anspruch auf Unterhaltsvorschussleistungen setze neben ausbleibenden oder unzureichenden Unterhaltszahlungen durch den barunterhaltspflichtigen Elternteil weiter voraus, dass das Kind bei einem Elternteil lebt. Das verlange eine auf Dauer angelegte häusliche Gemeinschaft, in der das Kind auch betreut wird. Die Regelung knüpfe an die durch das Alleinerziehen geprägte prekäre Situation an. Diese bestehe darin, dass das Kind "nur" bei einem Elternteil lebt, weil hauptsächlich er die Betreuung (Pflege und Erziehung) des Kindes tatsächlich wahrnimmt und hiermit besonders belastet ist.

Außer in den Fällen vollständigen Alleinerziehens liege eine solche Belastung auch dann vor, wenn der Schwerpunkt der Betreuung ganz überwiegend bei einem Elternteil liegt. Eine wesentliche Entlastung des einen Elternteils, welche die faktische Gesamtlage der gesetzlich in Bezug genommenen Alleinerziehung und damit den Anspruch auf Unterhaltsvorschuss ausschließt, liege vor, wenn sich der andere (barunterhaltspflichtige) Elternteil in der Weise an der Pflege und Erziehung des Kindes beteiligt, dass sein Betreuungsanteil 40 Prozent erreicht oder überschreitet.

Der durch die Mitbetreuung eintretende Entlastungseffekt ist dabei laut BVerwG ausschließlich im Hinblick auf die Zeiten der tatsächlichen Betreuung zu ermitteln, also nach den Zeiten, die das Kind in der Obhut des einen oder des anderen Elternteils verbringt, und zwar ohne Wertung und Gewichtung einzelner Betreuungsleistungen. Bei ganztätig wechselweiser Betreuung komme es typisierend darauf an, wo sich das Kind zu Beginn des Tages aufhält. Dem Bezug des Kindergeldes sowie Vereinbarungen zum Umgangsrecht könne demgegenüber nur eine indizielle und dem Bestehen eines gemeinsamen Sorgerechts grundsätzlich keine Bedeutung zukommen.

Da das OVG zu den maßgeblichen tatsächlichen Verhältnissen und zur Zahlung von Unterhalt keine hinreichenden Feststellungen getroffen hat, war die Sache laut BVerwG an dieses zurückzuverweisen.

Bundesverwaltungsgericht, Urteile vom 12.12.2023, BVerwG 5 C 9.22 und BVerwG 5 C 10.22

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