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Räum- und Streupflicht: Haftung trotz Übertragung auf Fachfirma möglich
Ein Räum- und Streupflichtiger, der seine Pflichten durch Vertrag auf eine Fachfirma übertragen hat, muss dennoch tätig werden, wenn die Fachfirma erkennbar nicht ausrückt. Ansonsten haftet er für witterungsbedingte Unfälle. Dies hat das Landgericht (LG) Köln entschieden.
Die Beklagte betreibt auf ihrem Betriebsgelände einen Warenumschlagplatz. Sie hat die Räum- und Streupflicht für dieses Grundstück durch Vertrag auf eine Gebäudereinigungsfirma übertragen. In einer Nacht im Dezember vereiste das Betriebsgelände der Beklagten aufgrund eines plötzlichen Kälteeinbruchs.
Wenige Minuten nach Mitternacht befuhr ein Mitarbeiter der Klägerin mit einem Gespann aus Lkw und Auflieger das Betriebsgelände, um dort an einer Wechselbrücke das Fahrzeug be- und entladen zu lassen. Der Fahrer verlor die Kontrolle über das Fahrzeug und rutschte gegen eine der Wechselbrücken.
Es entstand Schaden an der Zugmaschine und dem Auflieger. Für diesen hafte die Beklagte aus Verletzung ihrer Verkehrssicherungspflicht gemäß § 823 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), entschied das LG Köln.
Deliktische Verkehrssicherungspflichten könnten zwar grundsätzlich auf einen Dritten übertragen werden. Allerdings verblieben dann Kontroll- und Überwachungspflichten beim Übertragenden. Übernehme dabei ein Fachunternehmen die Pflichten, dürfe sich der Übertragende zudem grundsätzlich auf die Erfüllung verlassen und müsse ohne konkreten Anhaltspunkt nicht alle Einzelheiten kontrollieren. Im vorliegenden Fall, so das LG weiter, habe die Beklagte nach eigenem Vorbringen jedenfalls seit 22.30 Uhr und damit zum Schadenszeitpunkt seit mehr als 90 Minuten Kenntnis davon gehabt, dass das beauftragte Unternehmen trotz des Kälteeinbruchs untätig geblieben war. Daher hätte es die Beklagte nicht bei einer bloßen weiteren Mahnung gegenüber dem Übernehmer belassen dürfen, sondern hätte selbst tätig werden müssen.
Es möge sein, dass sie nicht selber habe streuen können. Sie hätte jedoch einen Warnhinweis an der Einfahrt des Geländes anbringen können. Soweit die Beklagte auf die unzumutbare Gefährdung ihrer Mitarbeiter verweise, überzeuge dies nicht. Ein Fußgänger, der von der Glätte weiß, sollte in der Lage sein, sich mit äußerster Vorsicht unfallfrei über das Grundstück zu bewegen. Im Übrigen hätte die Beklagte telefonische Warnungen aussprechen können. Es sei davon auszugehen, dass ihr bekannt gewesen sei, welche Unternehmen sie zu welchen Zeiten mit Waren beliefern oder solche abholen würden.
Die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht sei auch ursächlich für den Schaden. Insoweit streite ein Anscheinsbeweis für den Geschädigten, wenn Schäden eintreten, die die verletzte Pflicht hätte verhindern sollen oder die bei deren Beachtung hätten verhindert werden können. Insoweit sei davon auszugehen, dass der Fahrer der Klägerin sich bei zutreffender Information über den Zustand des Grundstücks mit äußerster Vorsicht fortbewegt hätte, nach Gefahrenstellen Ausschau gehalten hätte, notfalls die Fahrt unterbrochen hätte. Diesen Anscheinsbeweis habe die Beklagte nicht erschüttert. Ein unvorsichtiges Verhalten des Fahrers, das ein Mitverschulden begründen könnte, sei von der Beklagten zwar behauptet, aber nicht erwiesen.
Ein Anspruch auf Ersatz der geltend gemachten Schäden ergebe sich auch aus den §§ 280 Absatz 1, 241 Absatz 2 BGB, da davon auszugehen sei, dass die Klägerin nicht ohne vertragliche Absprache mit der Beklagten Waren hole und liefere. In diesem Zusammenhang sei der Beklagten ein Fehlverhalten des mit dem Winterdienst betrauten Unternehmens nach § 278 BGB zuzurechnen.
Landgericht Köln, Entscheidung vom 18.12.2023, 15 O 169/23, nicht rechtskräftig