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Corona-Pandemie: Nächtliche Ausgangsbeschränkung in gesamtem Landkreis war rechtswidrig

16.11.2021

Wegen fehlender Ermessensausübung war eine nächtliche Ausgangsbeschränkung, die der Eifelkreis Bitburg-Prüm Anfang 2021 in einer Allgemeinverfügung angeordnet hatte, rechtswidrig. Zwar hätten die Voraussetzungen für die Ausgangsbeschränkung an sich vorgelegen. Wegen der Konzentration des Infektionsgeschehens vor allem auf eine am Rand des Kreises gelegene Gemeinde hätte der Kreis aber an einen atypischen Ausnahmefall denken müssen, so das Verwaltungsgericht (VG) Trier.

Nachdem Anfang April 2021 die Sieben-Tage-Inzidenz an mehr als drei aufeinanderfolgenden Tagen den Wert von 100 überschritten hatte, wies das zuständige Ministerium den beklagten Landkreis Bitburg-Prüm an, eine Allgemeinverfügung nach dem Muster der 18. Corona-Bekämpfungsverordnung des Landes zu erlassen und in Kraft zu setzen. Daraufhin erließ die Kreisverwaltung eine entsprechende, vom damaligen Landrat unterzeichnete Allgemeinverfügung, die vom 09. bis zum 11.04.2021 galt und in der unter anderem eine nächtliche Ausgangsbeschränkung im Zeitraum zwischen 21.00 Uhr und 5.00 Uhr des Folgetages angeordnet wurde.

In einer Pressemitteilung teilte die Kreisverwaltung mit, der Landrat halte insbesondere die Ausgangsbeschränkung für nicht geeignet, Infektionsherde einzudämmen. Der damalige Landrat und seine Ehefrau, die Kläger des vorliegenden Verfahrens, stellten beim VG zunächst einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz, der aber erfolglos geblieben und mit Beschluss vom 09.04.2021 abgelehnt worden war. Im Anschluss hieran haben die Kläger die vorliegende Klage erhoben, zu deren Begründung sie geltend machen, sie hätten ein berechtigtes Interesse an der nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit der durch die Allgemeinverfügung angeordnete Ausgangsbeschränkung. Diese habe ihre körperliche Fortbewegungsfreiheit unverhältnismäßig eingeschränkt.

Das VG sieht die Klage als zulässig und begründet an. Die Bekämpfung der Covid-19-Pandemie sei stets von kurzfristigen Reaktionen auf eine sich dynamisch verändernde Ausgangslage geprägt. Von daher handele es sich bei der strittigen Allgemeinverfügung um einen sich typischerweise kurzfristig erledigenden Verwaltungsakt, gegen den Rechtsschutz in einem gerichtlichen Hauptsacheverfahren regelmäßig nicht zu erlangen sei. In derartigen Fällen sei das prozessual erforderliche berechtigte Feststellungsinteresses gegeben.

Die strittige Allgemeinverfügung sei hinsichtlich der angeordneten Ausgangsbeschränkung rechtswidrig und verletze die Kläger in ihren Rechten, so das VG. Zwar hätten die in der 18. Corona-Bekämpfungsverordnung geregelten tatbestandlichen Voraussetzungen für die Anordnung einer Ausgangsbeschränkung vorgelegen, da an drei Tagen in Folge die Sieben-Tage-Inzidenz im Landkreis über 100 gelegen habe. Die einschlägige Vorschrift habe jedoch die Möglichkeit eröffnet, in besonderen atypischen Ausnahmefällen im Einvernehmen mit dem für die gesundheitlichen Angelegenheiten zuständigen Ministerium abweichende Allgemeinverfügungen zu erlassen.

Ein solcher Ausnahmefall hat hier nach Ansicht des VG zumindest deshalb vorgelegen, weil sich das Infektionsgeschehen auf die am südöstlichen Rand des Kreisgebietes gelegene Verbandsgemeinde Speicher konzentriert habe. In den drei nicht an diese grenzenden Verbandsgemeinden sei die Sieben-Tage-Inzidenz bis zum Erlass der Allgemeinverfügung hingegen deutlich unter den Wert von 100 abgesunken gewesen. Das danach eröffnete Ermessen hätten jedoch weder der beklagte Landkreis noch das anweisende Ministerium ausgeübt, was die Regelung rechtswidrig mache.

Gegen die Entscheidung können die Beteiligten die Zulassung der Berufung beim Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz beantragen.

Verwaltungsgericht Trier, Urteil vom 04.10.2021, 6 K 1408/21.TR, nicht rechtskräftig

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