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CAS nicht mehr Endstation: Staatliche Gerichte dürfen seine Schiedssprüche überprüfen

08.08.2025

Klub und den Spieler haben das Recht auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle der Schiedssprüche des Sportschiedsgerichts (CAS). Laut Europäischem Gerichtshof (EuGH) müssen die Gerichte der EU-Mitgliedstaaten in der Lage sein, die Vereinbarkeit der Schiedssprüche mit den Grundregeln des Unionsrechts eingehend zu überprüfen.

Im Fußball und vielen anderen Sportarten werde die Unterwerfung von Streitigkeiten unter die Schiedsgerichtsbarkeit im Allgemeinen nicht freiwillig akzeptiert, sondern den Sportlern und Klubs einseitig von internationalen Verbänden wie der FIFA auferlegt, erläutert der EuGH. Außerdem seien die nationalen Gerichte, wenn eine nationale oder von einem Sportverband stammende Regelung sie an der Ausübung ihrer Befugnisse hindert, verpflichtet, diese Regelung unangewendet zu lassen.

Unter diesen Umständen hält der EuGH es für unerlässlich, dass der Rückgriff auf ein Schiedsverfahren nicht die Rechte und Freiheiten beeinträchtigt, die die Grundregeln des Unionsrechts den Sportlern, den Klubs und, allgemeiner, jeder anderen Person garantieren, die einen Berufssport betreibt oder eine mit ihm verbundene wirtschaftliche Tätigkeit ausübt. Aus diesem Grund müssten die nationalen Gerichte befugt sein, auf Antrag des Einzelnen oder sogar von Amts wegen eine eingehende rechtliche Kontrolle der Vereinbarkeit der Schiedssprüche des CAS mit der öffentlichen Ordnung der Union vorzunehmen.

2015 schloss ein belgischer Klub, der RFC Seraing, Finanzierungsvereinbarungen mit der maltesischen Gesellschaft Doyen Sports, die die Übertragung eines Teils der wirtschaftlichen Rechte einiger seiner Spieler auf diese Gesellschaft vorsahen. Die FIFA meinte, diese Art von Verträgen verstoße gegen das Verbot für Dritte, wirtschaftliche Rechte an Spielern zu besitzen. Daher verhängte sie gegen den Klub mehrere Sanktionen, nämlich das Verbot der Registrierung neuer Spieler während mehrerer Zeiträume und eine Geldstrafe. Diese Sanktionen wurden vom CAS, dem Schiedsorgan zur Beilegung von Streitigkeiten im Bereich des Sports weltweit, und anschließend vom Schweizer Bundesgericht bestätigt.

Da der RFC Seraing die FIFA-Regeln für mit dem Unionsrecht unvereinbar hielt, rief er die belgischen Gerichte an. Die Tatsachengerichte meinten, dass der Schiedsspruch des CAS endgültig und rechtskräftig sei und sie daher die Frage der Vereinbarkeit nicht erneut prüfen könnten. Die mit der Rechtssache befasste belgische Cour de cassation hat die Sache dem EuGH vorgelegt. Sie will wissen, ob es nach dem Unionsrecht zulässig ist, dass die nationalen Gerichte aufgrund des Grundsatzes der Rechtskraft daran gehindert werden, einen vom CAS erlassenen und vom Schweizer Bundesgericht, also einem nicht zur Vorlage eines Vorabentscheidungsersuchens an den EuGH berechtigten Gericht eines Drittstaats, bestätigten Schiedsspruch zu kontrollieren.

Der EuGH stellt fest, dass nationale Vorschriften, die der Rechtskraft eine solche Tragweite verleihen, gegen das Unionsrecht verstoßen. Solche Vorschriften nähmen dem Einzelnen nämlich die Möglichkeit, von den Gerichten der Mitgliedstaaten eine wirksame gerichtliche Kontrolle eines solchen Schiedsspruchs zu erlangen.

Zwar sei die Inanspruchnahme eines Schiedsverfahrens durch Einzelne grundsätzlich möglich. Wenn die betreffende Schiedsgerichtsbarkeit innerhalb der EU durchgeführt werden soll, müssten aber ihre Vereinbarkeit mit der justiziellen Architektur in der Union und die Einhaltung der öffentlichen Ordnung der Union sichergestellt sein.

Der Schiedsspruch des CAS sei hier in Anwendung eines von einem internationalen Sportverband (der FIFA) einseitig auferlegten Schiedsmechanismus ergangen, wie dies bei Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit dem Sport oft der Fall sei. Daher müssten die vom CAS erlassenen Schiedssprüche, um den wirksamen gerichtlichen Schutz von Sportlern, Klubs und anderen Einzelnen, die wegen der Ausübung einer mit Sport zusammenhängenden wirtschaftlichen Tätigkeit im Gebiet der Union betroffen sein können, zu gewährleisten, einer wirksamen gerichtlichen Kontrolle unterzogen werden können müssen.

Diese müsse, auch wenn sie wirksam beschränkt sein kann, um den Besonderheiten der Schiedsgerichtsbarkeit Rechnung zu tragen, es dem Einzelnen jedenfalls ermöglichen, eine eingehende gerichtliche Kontrolle der Vereinbarkeit dieser Schiedssprüche mit den Grundsätzen und Bestimmungen der öffentlichen Ordnung der Union zu erwirken. Außerdem müsse es möglich sein, einstweilige Anordnungen zu erwirken und ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof zu richten. Schließlich müssten die betroffenen Einzelnen in einem Fall, in dem es um einen Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln oder gegen eine Verkehrsfreiheit geht, bei diesen Gerichten nicht nur beantragen können, diesen Verstoß festzustellen und den Ersatz des ihnen dadurch entstandenen Schadens anzuordnen, sondern auch, das diesen Verstoß begründende Verhalten abzustellen.

Im Übrigen sei, so der EuGH weiter, ein nationales Gericht verpflichtet, jede nationale oder von einem Sportverband stammende Regelung, die einem solchen wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz des Einzelnen entgegensteht, aus eigener Entscheidungsbefugnis unangewendet zu lassen.

Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil vom 01.08.2025, C-600/23

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