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Sterbewillige: Dürfen tödliches Betäubungsmittel Natrium-Pentobarbital nicht kaufen

08.11.2023, https://onlineservice.addison.de/1748528759/urlapi/xml/aktuell/show/id/20768

Sterbewilligen bleibt der Erwerb von Natrium-Pentobarbital zur Selbsttötung versagt. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hält die zugrunde liegende Vorschrift im Betäubungsmittelgesetz (BtMG) für verfassungsgemäß. Zwar habe in Deutschland jeder das Recht auf ein selbstbestimmtes Sterben. Es gebe aber Möglichkeiten, das eigene Leben medizinisch begleitet mit anderen Mitteln zu beenden. Die Abgabe tödlicher Betäubungsmittel berge demgegenüber das Risiko von Fehl- und Missbrauch.

Die Kläger leiden an schweren Erkrankungen. Sie begehren eine Erlaubnis zum Erwerb von Natrium-Pentobarbital. Hiermit drangen sie nicht durch. Laut BVerwG ist die Erlaubnis nach dem BtMG zu versagen. Der Erwerb von Natrium-Pentobarbital zur Selbsttötung sei nicht mit dem Zweck des Gesetzes vereinbar, die notwendige medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Bei der Beendigung des eigenen Lebens fehle die notwendige therapeutische Zielrichtung.

Zwar greife die Versagung der Erlaubnis in das durch das Grundgesetz gewährleistete Recht des Einzelnen ein, selbstbestimmt die Entscheidung zu treffen, sein Leben eigenhändig bewusst und gewollt zu beenden. Der einzelne dürfe auch frei entscheiden, wann und wie er seinem Leben ein Ende setzen will. Menschen, die freiverantwortlich entschieden haben, sich mithilfe von Natrium-Pentobarbital töten zu wollen, könnten ihren Entschluss ohne Zugang zu diesem Betäubungsmittel nicht in der gewünschten Weise umsetzen.

Der Grundrechtseingriff sei aber gerechtfertigt, so das BVerwG. Das BtMG verfolge mit dem generellen Verbot, Betäubungsmittel zum Zweck der Selbsttötung zu erwerben, das legitime Ziel, Miss- und Fehlgebrauch tödlich wirkender Betäubungsmittel zu verhindern. Die Verbotsregelung sei zur Erreichung dieses Ziels geeignet und erforderlich. Sie sei auch angemessen. Denn für Sterbewillige gebe es andere zumutbare Möglichkeiten zur Verwirklichung ihres Sterbewunsches.

Sie hätten die realistische Möglichkeit, über einen Arzt Zugang zu (verschreibungspflichtigen) Arzneimitteln zu erhalten, mit denen eine Selbsttötung durchgeführt werden kann. Dies sei für die Sterbewilligen mit Belastungen verbunden. Sie müssten eine ärztliche Person finden, die bereit ist, die Unterstützung zu leisten. Sie könnten sich bei der Suche allerdings helfen lassen. Nachdem das Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 26.02.2020 (2 BvR 2347/15 und andere) entschieden habe, das Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung für nichtig erklärt hat, hätten mehrere Organisationen die Vermittlung von zur Suizidhilfe bereiten Ärzten wiederaufgenommen.

Erschwernisse für die Sterbewilligen ergeben sich laut BVerwG außerdem bei der oralen Anwendung der Arzneimittel, weil eine größere Menge eingenommen werden muss als bei der Lebensbeendigung mit Natrium-Pentobarbital. Das könne für Sterbewillige mit Schluckbeschwerden schwierig sein und erhöhe das Risiko von Komplikationen. Es bestehe auch die Möglichkeit, ein Arzneimittel intravenös einzusetzen. Das erfordere aber eine fachkundige medizinische Begleitung und belaste Sterbewillige, die – wie die Kläger – keine solche Begleitung wünschen.

Diesen Belastungen der Sterbewilligen stünden aber wichtige Gemeinwohlbelange gegenüber. Die Gefahren für Leben und Gesundheit der Bevölkerung durch Miss- oder Fehlgebrauch des Mittels seien angesichts seiner tödlichen Wirkung und der einfachen Anwendbarkeit besonders groß und wiegen schwer. Angesichts dessen sei die Versagung des Erwerbs von Natrium-Pentobarbital zur Selbsttötung durch das BtMG nicht zu beanstanden.

Die Kläger könnten einen Anspruch auf Erwerb auch nicht aus einer extremen Notlage im Sinne des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 02.03.2017 (BVerwG 3 C 19.15) herleiten. Eine solche Notlage liege angesichts der alternativen Möglichkeiten zur Selbsttötung nicht vor. Das gelte auch für den vom Schultergürtel abwärts gelähmte Kläger, der Schluckbeschwerden habe. Dieser könne ein intravenös anwendbares Arzneimitte mithilfe eines Infusionsautomaten anwenden, den er selbst steuert, so das BVerwG abschließend.

Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 07.11.2023, BVerwG 3 C 8.22 und BVerwG 3 C 9.22

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