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Annullierter Flug: Anspruch auf Rückerstattung der Ticketkosten nur bei eigener Buchung und Bezahlung des Flugs bei Airline
Fluggäste eines annullierten und daher nicht durchgeführten Fluges können gegenüber einer Fluggesellschaft nur dann einen Anspruch auf Rückerstattung der Flugticketkosten gemäß Artikel 8 Absatz 1a der europäischen Fluggastrechteverordnung geltend machen, wenn sie die Flugtickets selbst bei der Fluggesellschaft gebucht und auch selbst bezahlt haben. Dies stellt das Landgericht (LG) Berlin klar und weist die Berufungen eines Fluggastportalbetreibers gegen zwei erstinstanzliche Urteile des Amtsgerichts (AG) Wedding zurück.
Bei der beklagten Fluggesellschaft waren für fünf Personen für einen Gesamtpreis von 1.008,57 Euro fünf Plätze für einen Hin- und Rückflug von und nach Berlin gebucht und bezahlt worden. Der ursprünglich vorgesehene Rückflug vom spanischen Airport nach Berlin wurde von der beklagten Fluggesellschaft bereits vor dem Hinflug annulliert beziehungsweise auf einen zwei Tage späteren Termin verschoben.
Einer der fünf Fluggäste trat weder den Hin- noch den Rückflug an, ein weiterer trat den Hinflug nicht an. Beide Fluggäste traten jeweils ihre Ansprüche im Zusammenhang mit der Buchung an die Klägerin ab, die als Legal-Tech-Unternehmen abgetretene Ansprüche von Fluggästen geltend macht. Die Klägerin verklagte sodann die Beklagte aus abgetretenem Recht der beiden Fluggäste vor dem AG Wedding auf Zahlung von jeweils 201,71 Euro nebst Zinsen. Die Klägerin hat in beiden amtsgerichtlichen Verfahren jeweils nicht vorgetragen, wer von den fünf Personen die fraglichen Flüge gebucht habe, da sie die – zwischen den Parteien streitige – Auffassung vertreten hat, dass den Fluggästen diese Rückerstattungsansprüche zustehen würden und zwar unabhängig davon, wer die Tickets gebucht und bezahlt habe.
Das AG Wedding hat die beiden Klagen jeweils als unbegründet abgewiesen. Die dagegen jeweils eingelegten Berufungen der Klägerin hat das LG Berlin zu einem gemeinsamen Berufungsverfahren verbunden und jeweils als unbegründet zurückgewiesen. Eine Auslegung des Artikels 8 Absatz 1a der europäischen Fluggastrechteverordnung als der hier relevanten Anspruchsgrundlage für die Rückerstattung von Flugticketkosten gegenüber einer Fluggesellschaft führe zu dem Ergebnis, dass Anspruchsinhaber dieses Erstattungsanspruchs (nur) derjenige Fluggast sei, der den Flugschein selbst gebucht und auch bezahlt habe, begründet das LG seine Entscheidung.
So zeige ein systematischer Vergleich des Artikels 8 Absatz 1a der Fluggastrechteverordnung mit Artikel 8 Absatz 2 der Verordnung, dass Fluggästen die "Erstattung der Flugscheinkosten" nach der Intention des Verordnungsgebers nur dann zustehen solle, wenn sie Zahlungen aufgrund eines Vertrages geleistet hätten. Ferner solle einem Verbraucher – als Fluggast – nach der Vorstellung des Verordnungsgebers nur dann eine Erstattung zustehen, wenn er auf den zugrundeliegenden Vertrag eine Zahlung geleistet habe. Ein Anspruch des Fluggastes auf Erstattung von Flugscheinkosten unabhängig von einem zugrunde liegenden Vertrag und unabhängig von einer auf diesen Vertrag geleisteten Zahlung des Fluggastes sei aus einem Vergleich mit Artikel 8 Absatz 2 der europäischen Fluggastrechteverordnung mithin nicht zu folgern.
Werde dem "nicht selbst buchenden" Fluggast dagegen kein eigenes Erstattungsrecht aus Artikel 8 Absatz 1a der Fluggastrechteverordnung eingeräumt, wenn die Buchung nicht in seinem Namen erfolgt sei, sondern er den Flugpreis nur an seinen "buchenden" Vertragspartner, zum Beispiel an ein Reiseunternehmen gezahlt habe, führe das auch nicht dazu, dass dieser Fluggast schutzlos gestellt wäre. Vielmehr stehe diesem Fluggast das (eigene) Recht auf Rückzahlung des Flugpreises aus nationalem Recht gegenüber dem (buchenden) Vertragspartner, zum Beispiel dem Reiseveranstalter, zu, unterstreicht das LG.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Das LG Berlin hat die Revision zum Bundesgerichtshof mit der Begründung zugelassen, dass die in dem Rechtsstreit zu klärende Frage, ob jeder Fluggast oder nur der buchende und zahlende Fluggast zur Geltendmachung des Erstattungsanspruchs aus Artikel 8 Absatz 1a der europäischen Fluggastrechteverordnung aktivlegitimiert sei, grundsätzliche Bedeutung habe und bisher höchstrichterlich noch nicht entschieden worden sei.
Landgericht Berlin, Urteil vom 24.03.2022, 19 S 9/21, nicht rechtskräftig