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Zustimmungsersetzungsverfahren: Fristlose Kündigung einer Betriebsratsvorsitzenden

09.08.2024

Das Arbeitsgericht (ArbG) Köln hat die beabsichtigte fristlose Kündigung einer Betriebsratsvorsitzenden für gerechtfertigt erachtet und die notwendige Zustimmung des Betriebsrats zur fristlosen Kündigung ersetzt.

Der Arbeitgeber ist ein eingetragener Verein mit circa 540 Mitarbeitenden. Die Vorsitzende des aus elf Personen bestehenden Betriebsrats ist seit 2002 als Juristin bei dem Arbeitgeber, zuletzt in der Rechtsberatung, tätig. Sie ist seit 2015 Vorsitzende des Betriebsrats und zur Ausübung dieses Amtes seit Mai 2022 vollständig von der Arbeitsleistung freigestellt.

Seit Anfang 2023 kam es im Zusammenhang mit mobilem Arbeiten und der Zeiterfassung zu Konflikten zwischen den Beteiligten. Die Betriebsratsvorsitzende kam der Weisung des Arbeitgebers, ihre Tätigkeit am Sitz des Betriebsrates zu erbringen, mehrfach nicht nach und wurde hierfür abgemahnt. Darüber hinaus hat sie die Teilnahme an einem Personalgespräch verweigert.

Der Arbeitgeber leitete nach verweigerter Zustimmung des Betriebsrats zur fristlosen Kündigung am 31.07.2023 das vorliegende Zustimmungsersetzungsverfahren ein. Im Verlauf des Verfahrens stritten die Beteiligten auch über das Arbeitszeitverhalten der Betriebsratsvorsitzenden.

§ 37 Absatz 3 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) gewährt einen Anspruch auf Freizeitausgleich, wenn Betriebsratstätigkeit aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der persönlichen Arbeitszeit durchzuführen ist. Der Arbeitgeber beruft sich darauf, dass die Betriebsratsvorsitzende ihm monatliche Aufzeichnungen zur Überprüfung gemäß § 37 Absatz 3 BetrVG übersendet hat, die nicht alle ihre in der elektronischen Zeiterfassung aufgezeichneten Arbeitszeitüberschreitungen abbilden, obwohl diese für den Freizeitausgleich maßgebend sind. Dies betrifft – unstreitig - insgesamt 628 Minuten, die im elektronischen Arbeitszeitkonto an 94 Tagen im Zeitraum vom 17.07.2023 bis 31.03.2024 verzeichnet waren. Der Arbeitgeber geht von einem – jedenfalls versuchten – Arbeitszeitbetrug aus. Er sei über den tatsächlichen Umfang der Zeitgutschriften getäuscht worden.

Das ArbG Köln hat entschieden, dass dieses Verhalten der Betriebsratsvorsitzenden einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses darstellt, § 626 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch. Dadurch, dass sie in 94 Fällen insgesamt 628 Minuten in ihren monatlichen Übersichten nicht dokumentierte, habe sie den Arbeitgeber über den Umfang von Betriebsratstätigkeit außerhalb ihrer persönlichen Arbeitszeit zumindest zu täuschen versucht und dabei billigend die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Freizeitausgleich aufgrund der Plus-Salden im Arbeitszeitkonto herbeigeführt.

Die Rechtslage sei der Betriebsratsvorsitzenden nach den ausführlichen Hinweisen des Arbeitgebers hinreichend bekannt gewesen. Ihr sei zudem erkennbar gewesen, dass der Arbeitgeber ihre monatlichen Aufzeichnungen der Überprüfung der Mehrarbeitszeiten zugrunde legte und nicht zwingend mit dem elektronischen Arbeitszeitkonto abgleiche.

Die Betriebsratsvorsitzende kann sich nach Auffassung des ArbG nicht darauf berufen, zu diesem Abgleich selbst nicht verpflichtet gewesen zu sein, da sie die von ihr gemeldeten Zeiten selbst der Zeiterfassung entnommen habe. Ihr Einwand, es habe sich bei den nicht gemeldeten Zeiten weder um Betriebsratstätigkeiten gehandelt, noch habe sie diese Zeiten gegenüber dem Arbeitgeber als Arbeitszeit geltend gemacht, verfängt laut ArbG ebenfalls nicht. Die Betriebsratsvorsitzende habe selbst vorgetragen, dass die im Zeiterfassungssystem durch "Stempeln" dokumentierten Zeiten der Arbeitszeit gleichzusetzen und demnach ausschlaggebend für die Gewährung von bezahltem Freizeitausgleich sind.

Letztlich sei es grundsätzlich Sache des Arbeitnehmers, seine Arbeitszeiten korrekt zu dokumentieren, betont das ArbG. Es komme nicht darauf an, dass der Arbeitgeber die streitgegenständlichen Zeitdifferenzen bei eingehender Kontrolle durch Einsichtnahme in das Zeiterfassungssystem hätte erkennen können.

Aufgrund der Schwere des Vorwurfs hielt das ArbG Köln eine weitere Abmahnung für entbehrlich und die Kündigung auch aufgrund des vorherigen abgemahnten pflichtwidrigen Verhaltens und unter Berücksichtigung der langen Betriebszugehörigkeit der Betriebsratsvorsitzenden für verhältnismäßig.

Gegen den Beschluss kann noch Beschwerde beim Landesarbeitsgericht Köln eingelegt werden.

Arbeitsgericht Köln, Beschluss vom 08.08.2024, 6 BV 25/24, nicht rechtskräftig

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