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Ziviler Ungehorsam: Rechtfertigt keine Straftaten
Ein Klimaaktivist, der eine Sachbeschädigung begeht, um auf den Klimawandel aufmerksam zu machen, macht sich damit strafbar. Das Oberlandesgericht (OLG) Celle schließt einen rechtfertigenden Notstand im Sinne des § 34 Strafgesetzbuch (StGB) aus. Auch eine Rechtfertigung durch "zivilen Ungehorsam" komme nicht in Betracht, da dies auf eine grundsätzliche Legalisierung von Straftaten zur Erreichung politischer Ziele hinausliefe.
Ein Klimaaktivist hatte im Sommer 2021 die Fassade des Zentralgebäudes der Universität in Lüneburg mit Wandfarbe verunstaltet, um auf den Klimawandel aufmerksam zu machen und zum sofortigen Handeln zu appellieren. Hierdurch entstand ein Schaden von mehr als 10.000 Euro. Das Amtsgericht Lüneburg hatte den Angeklagten deshalb der Sachbeschädigung in zwei Fällen für schuldig befunden und eine Gesamtgeldstrafe von 100 Tagessätzen – mehr als drei Netto-Monatseinkommen – vorbehalten.
Diese Verurteilung hat das OLG Celle bestätigt. Die Sachbeschädigung sei nicht aufgrund eines Notstands nach § 34 StGB gerechtfertigt. Es handele sich um eine Symboltat, die keinen unmittelbaren Einfluss auf den Klimawandel habe. Darüber hinaus sei nicht ersichtlich, dass die Gefahr eines Klimawandels nicht anders als durch die Begehung von Straftaten abgewendet werden könnte.
Die Beschädigung des Universitätsgebäudes sei darüber hinaus auch nicht durch "zivilen Ungehorsam" gerechtfertigt. Niemand sei berechtigt, in die Rechte anderer einzugreifen, um auf diese Weise die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit zu erregen und eigenen Auffassungen Geltung zu verschaffen. Wer auf den politischen Meinungsbildungsprozess einwirken möchte, könne dies in Wahrnehmung seiner Grundrechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit, seines Petitionsrechts und seines Rechts auf Bildung politischer Parteien tun, nicht aber durch die Begehung von Straftaten. Würde die Rechtsordnung einen Rechtfertigungsgrund akzeptieren, der allein auf der Überzeugung des Handelnden von der Überlegenheit seiner eigenen Ansicht beruhte, liefe dies auf eine grundsätzliche Legalisierung von Straftaten zur Erreichung politischer Ziele hinaus.
Oberlandesgericht Celle, Beschluss vom 29.07.2022, rechtskräftig