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Wohnungsbordell: In Mischgebiet nicht automatisch unzulässig

10.11.2021

Ein so genanntes Wohnungsbordell ist in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Mischgebiet bauplanungsrechtlich nicht von vorneherein unzulässig. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) entschieden.

Die Klägerin begehrt eine Baugenehmigung für die Änderung einer Wohnnutzung in eine gewerbliche Nutzung. Sie ist Mieterin dreier miteinander verbundener Wohnungen mit insgesamt 428 Quadratmeter im zweiten Obergeschoss eines siebenstöckigen Gebäudes in Berlin. Dort betreibt sie seit 1996 eine prostitutive Einrichtung (so genanntes Wohnungsbordell). Das Gebäude liegt im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der ein Mischgebiet ausweist.

Der Bauantrag wurde abgelehnt. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) hob das stattgebende Urteil des Verwaltungsgerichts auf und wies die Klage ab. Das Vorhaben der Klägerin sei bauplanungsrechtlich unzulässig. Ein bordellartiger Betrieb, wie ihn die Klägerin führe, sei mit der im Mischgebiet ebenfalls zulässigen Wohnnutzung wegen der damit bei typisierender Betrachtung verbundenen "milieutypischen Unruhe" nicht vereinbar. Das Prostituiertenschutzgesetz von 2016 ändere daran nichts. Eine atypische Fallgestaltung, die eine Einzelfallbetrachtung erfordere, liege nicht vor.

Das BVerwG hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das OVG zurückverwiesen. Das OVG habe das der Typisierung zugrunde liegende Störpotenzial fehlerhaft bestimmt, weil es den Begriff der "milieubedingten Unruhe" zu weit verstanden habe. Begleitumständen des Prostitutionsgewerbes, die keine städtebauliche Relevanz haben, sei vielmehr mit Auflagen und ordnungsrechtlichen Mitteln zu begegnen. Die Unverträglichkeit bordellartiger Betriebe und Wohnnutzung beruhe auf der Annahme, dass die Betriebe nach außen als solche in Erscheinung treten und dies gerade in den Abend- und Nachtstunden zu Störungen insbesondere durch den Zu- und Abgangsverkehr führt.

Dieses typische Störpotenzial komme einem auf Diskretion angelegten, nach 20.00 Uhr geschlossenen so genannten Wohnungsbordell nicht zu. Es unterscheide sich für den Betrachter nicht erkennbar von der sonst zulässigen Nutzung und ziehe daher insbesondere keine Laufkundschaft an. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit eines so genannten Wohnungsbordells sei daher mittels Einzelfallbetrachtung zu prüfen. Die dafür erforderlichen Tatsachenfeststellungen habe das OVG nicht getroffen. Das führe zur Zurückverweisung.

Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 09.11.2021, BVerwG 4 C 5.20

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