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Wohlfahrtsverbände: Müssen Obdachlosem keinen Zutritt ohne Maske gewähren

02.09.2020

Ein Obdachloser ist vor dem Amtsgericht (AG) München mit seinen Eilanträgen gegen zwei Wohlfahrtsverbände gescheitert, ihm vorläufig Zugang zu deren Essensausgabe beziehungsweise zu deren Tageseinrichtung auch ohne Atemschutzmaske zu gewähren.

Der Antragsteller hatte sich auf ein aktuelles Attest berufen, nachdem ihm wegen chronischen Asthmas das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes unmöglich sei. Sowohl auf die Inanspruchnahme der Essensausgabe wie der offenen Tageseinrichtung, die er vor allem wegen der Möglichkeiten zur Körperhygiene besuche, sei er angewiesen. Wegen Corona könne er für seinen Unterhalt nicht mehr selbst aufkommen.

Der Träger der Essensausgabe hält entgegen, dass der Antragsteller im Mai 2020 zwei Mal bei seiner Essensausgabe erschienen sei. Das erste Mal habe er mittels des auf seinem Handy gespeicherten Attestes irrtümlich Zutritt erhalten. Das zweite Mal sei ihm dieser verwehrt worden, da er das Attest nicht mehr vorgezeigt, sondern sich darauf berufen habe, dass man es registrieren hätte müssen. Das Essen sei ihm dann hinausgebracht worden. Es sei mit dem Selbstverständnis der Einrichtung unvereinbar, ihm Essen zu verweigern. Aufgrund der Schutzpflicht für die anderen Klienten könne man es ihm aber nicht innerhalb der Einrichtung ausgeben.

Die Trägerin der offenen Tageseinrichtung bestätigt, dem Antragsteller am 16.05.2020 ein Hausverbot für ihre Einrichtung ausgesprochen zu haben. Dem sei eine erregte Diskussion innerhalb der Räumlichkeiten vorausgegangen, bei der sich der Antragsteller geweigert habe, diese ins Freie zu verlegen. Sowohl unter den Mitarbeitern als auch unter der hoch vulnerablen Gruppe der Besucher gebe es einige, die zur Hochrisikogruppe zu zählen seien. Deren Schutz verbiete es, auch nur in attestlich belegten Ausnahmefällen von der Maskenpflicht abzusehen. Der Antragsteller könne auf entsprechende Einrichtungen der Landeshauptstadt München ausweichen, die zur Aufnahme verpflichtet seien.

Das AG München wies die Eilanträge des Obdachlosen ab. Im Grundsatz dürfe der Eigentümer einer Immobilie andere von jeder Einwirkung ausschließen und frei darüber entscheiden, wem er zu welchen Bedingungen den Zutritt zu der Örtlichkeit gestattet und wem er ihn verwehrt. In den Fällen, in denen eine Örtlichkeit für den Publikumsverkehr geöffnet ist und der Person des einzelnen Besuchers regelmäßig nur untergeordnete Bedeutung zukommt, sei jedoch ein sachlicher Grund für die Einschränkung des Zutritts erforderlich.

In Bezug auf die Essenausgabe seien vorliegend die Freiheitsrechte des Einzelnen und die Interessen der Antragsgegnerin abzuwägen. Die Antragsgegnerin begründe die Einschränkung des Zutritts damit, dass sie eine Schutzpflicht für andere Klienten trifft. Angesichts der Tatsache, dass täglich eine Vielzahl von Menschen zur Essensausgabe kommen und es sich hierbei auch häufig um ältere Männer handelt, die eine besondere Risikogruppe im Rahmen der Corona-Pandemie darstellen, habe sie – auch bei Berücksichtigung der Grundrechte des Antragsstellers – den Zugang zur Einrichtung in zutreffender Weise geregelt. Den Interessen der übrigen vielen Klienten der Antragsgegnerin sei vorliegend der Vorzug vor den Freiheitsrechten des Antragsstellers einzuräumen. Darüber hinaus sei der Antragssteller nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Antragsgegnerin nicht daran gehindert, an der Essensausgabe teilzunehmen. Ihm werde das Essen nach draußen gebracht.

Im Fall der offenen Tageseinrichtung gehörten auch einige Mitarbeiter zur Hochrisikogruppe. Den Interessen der übrigen Besucher sowie den Interessen dieser Mitarbeiter sei vorliegend der Vorzug vor den Freiheitsrechten des Antragsstellers einzuräumen. Darüber hinaus sei der Antragssteller nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Antragsgegnerin nicht schutzlos gestellt.

Amtsgericht München, Beschlüsse vom 17.07.2020, 275 C 12174/20 (Essensausgabe) und 275 C 12175/20 (Tagestreff), rechtskräftig

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