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Wirecard-Aktionäre: Etwaige Schadenersatzansprüche nicht als Insolvenzforderung im Rang des § 38 InsO zur Insolvenztabelle anmeldbar

25.11.2022

Kapitalmarkrechtliche Schadenersatzforderungen der Aktionäre von Wirecard können nicht als Insolvenzforderung im Rang des § 38 Insolvenzordnung (InsO) zur Insolvenztabelle angemeldet werden. Dies stellt das Landgericht (LG) München I klar. Es hat dementsprechend die unter anderem gegen den Insolvenzverwalter der Wirecard AG gerichtete Klage einer Kapitalverwaltungsgesellschaft auf Feststellung von Schadenersatzforderungen zur Insolvenztabelle abgewiesen.

Für die von ihr verwalteten Sondervermögen hatte die klagende Kapitalverwaltungsgesellschaft Aktien der Wirecard AG ge- beziehungsweise verkauft. Die Klägerin trägt nun vor, die Wirecard AG habe Kaptialmarktinformationspflichten vorsätzlich verletzt. Ohne diese Pflichtverletzung und in Kenntnis der wahren Situation hätte die Klägerin die von ihr auf den Erwerb von Wirecard Aktien gerichteten Transaktionsgeschäfte sämtlich nicht durchgeführt.

Die Klägerin ist deswegen der Ansicht, ihr stünden gegen die Wirecard AG Schadenersatzansprüche wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung, § 826 Bürgerliches Gesetzbuch, sowie gestützt auf §§ 97, 98 Wertpapierhandelsgesetz zu. Diese Ansprüche hat die Klägerin daher zur Insolvenztabelle angemeldet. Der beklagte Insolvenzverwalter und die weitere Beklagte haben dieser Anmeldung widersprochen.

Für die Frage, ob hier die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche zur Tabelle angemeldet werden können, musste das Gericht vorab klären, ob es sich bei der behaupteten Forderung um eine Insolvenzforderung im Rang des § 38 InsO handelt. Diese Rechtsfrage hat das LG verneint. Die Klage sei daher abzuweisen gewesen, ohne dass darüber entschieden worden sei, ob entsprechende Schadenersatzansprüche bestehen. Durch die Klageabweisung hat das LG eigenen Angaben zufolge daher nicht entschieden, dass keine Schadenersatzansprüche bestehen. Sie habe lediglich entschieden, dass etwaig bestehende Schadenersatzansprüche der Klägerin nicht als Insolvenzforderungen im Rang des § 38 InsO zur Tabelle festgestellt werden können.

Das Gericht stützte sich bei der Entscheidung im Wesentlichen auf folgende Erwägungen: Die Klägerin mache hier Ansprüche geltend, die auf ihrer Aktionärsstellung beruhen. Denn ohne ein zumindest zeitweises Halten der Aktien könne kein Schadenersatzanspruch entstehen. Ansprüche, die auf einer Aktionärsstellung beruhen, könnten aber grundsätzlich nicht gemäß § 38 InsO zur Tabelle angemeldet werden.

Dass die Klägerin behauptet, diese Aktionärsstellung nur aufgrund einer Täuschung erlangt zu haben, könne hier zu keiner anderen Beurteilung führen. Die Klägerin könne die von ihr verfolgten Ansprüche nicht anmelden, weil sie sich mit dem Aktienkauf dafür entschieden hat, eine Investition in Eigenkapital der Schuldnerin vorzunehmen. Über diese Investitionsform sei sie aber nicht getäuscht worden.

Weiterhin stünden einer Einordnung unter § 38 InsO die Kapitalschutzvorschriften entgegen. Das Schadenersatzverlangen der Klägerin sei wirtschaftlich auf die Erstattung des haftenden Eigenkapitals gerichtet. Der vom Bundesgerichtshof in der EM-TV Rechtsprechung festgelegte Vorrang einer Haftung für kapitalmarktrechtliche Informationspflichtverletzungen gelte nur für die werbende Gesellschaf, nicht jedoch für die insolvente Gesellschaft.

Bei einer Insolvenz ginge eine Einordnung der Schadenersatzansprüche der Aktionäre als Insolvenzforderung gemäß § 38 InsO zulasten der anderen Gläubiger der Gesellschaft. Dies sei mit den maßgeblichen Grundwerten des Insolvenzrechts nicht vereinbar.

Landgericht München I, Entscheidung vom 23.11.2022, 29 O 7754/21, noch nicht rechtskräftig

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