Neuregelung zu Sonntagsöffnung in NRW: Zweifel an Rechtmäßigkeit
Pflichtteilsergänzung nach Schenkungen: Zehnjahresfrist läuft trotz vorbehaltenen Benutzungs- und Rückforderungsrechts
Wertlose Augen-Operation: Patient darf Honorarzahlung verweigern
Ein Patient muss nicht für eine misslungene Augen-Operation zahlen, nach der er zwar in der Ferne gut sehen kann, in der Nähe aber – anders als vereinbart – verschwommen sieht. Dies hat das Amtsgericht (AG) München entschieden. Die Klage einer ärztlichen Abrechnungsstelle aus abgetretenem Honoraranspruch eines Augenarztes in Höhe von 2.589 Euro gegen einen Patienten war damit erfolglos.
Im März 2018 hatte der Augenarzt in einer Augenklinik am rechten Auge des Beklagten eine Kataraktoperation durch. Als Ziel der Operation war möglichste Brillenfreiheit in der Nähe vereinbart. Bei geplanter Zielrefraktion von -0,75 Dioptrien ergab sich nach der Operation eine Dioptrienzahl von + 0,75. Damit konnte der Beklagte mit dem rechten Auge nach der Operation in der Ferne sehr gut, in der Nähe jedoch lediglich verschwommen sehen. Nach mehrmaligen Nachfragen des Beklagten im Hinblick auf die Gestaltung der vereinbarten weiteren Operation auch seines linken Auges kündigte der behandelnde Arzt den Behandlungsvertrag. Er lehnte es ab, auch die Operation des linken Auges durchzuführen.
Die Klägerin meint, dass mit Nahsicht der ideale Bereich eines Bildschirmarbeitsplatzes von 80 Zentimeter bis 1,17 Meter gemeint gewesen sei. Nahsicht sei mit einer Operation des linken Auges auch noch zu erreichen. Wegen der Auseinandersetzungen mit dem Beklagten nach der Durchführung der Operation am rechten Auge sei wegen des damit gestörten Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patient die Kündigung rechtens gewesen.
Der Beklagte trug vor, dass eine räumliche Sicht ohne Brille im Nahbereich nur durch eine neue Operation des rechten Auges erreicht werden könnte.
Die Katarakt-Operation am rechten Auge des Beklagten sei für diesen insgesamt wertlos, sodass kein Honoraranspruch bestehe, entschied das AG München. Grundsätzlich schulde der Arzt als Dienstverpflichteter keinen Erfolg, sondern nur die Erbringung der von ihm versprochenen Dienste. § 628 Absatz 1 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch lege fest, dass, wenn der behandelnde Arzt kündigt, ohne durch vertragswidriges Verhalten des Patienten dazu veranlasst worden zu sein, keinen Anspruch auf die Vergütung hat, soweit die Leistungen für den Patienten kein Interesse haben. Ein vertragswidrig geartetes Verhalten des Beklagten könne das Gericht nicht erkennen. Bei zu befürchtenden Behandlungsfehlern sei es nachvollziehbar, dass der Patient gerade dann, wenn noch weitere Behandlungen anstehen, ein klärendes Gespräch erwartet.
Der Sachverständige führe in seinem schriftlichen und mündlichen Gutachten aus, dass nach seiner Einschätzung bereits die Zielrefraktion von -0,75 Dioptrien für das Erreichen einer Nahsicht nicht korrekt gewesen sei. Theoretisch könne man bei -0,75 Dioptrien auf eine Entfernung von 1,33 Meter gut sehen. Würde man davon ausgehen, dass mit Nahbereich der Bereich des Lesens gemeint sei, so wäre diese Zielrefraktion laut AG München nicht korrekt gewesen. In diesem Fall hätte man eine Zielrefraktion von -2,5 Dioptrien wählen müssen. Bei dieser Dioptrienzahl würde man in einer Entfernung von 40 Zentimetern scharf sehen. Berücksichtige man, dass es bei der Operation eine Streubreite von einer Dioptrien gebe, sei es bei einer Zielrefraktion von -2,5 Dioptrien wahrscheinlich, dass man nach der Operation im Nahbereich gut sehen könne.
Das Ergebnis könne auch nicht mit der Operation am linken Auge erreicht werden. Würde man eine Zielrefraktion von -1,25 Dioptrien anvisieren, könnten im Ergebnis die Werte des rechten und des linken Auges soweit auseinanderfallen, dass der Beklagte voraussichtlich Kopfschmerzen bekommen würde.
Die Beseitigung der durch den grauen Star verursachten Trübung der Linse stelle kein Interesse im Sinn eines selbstständig verwertbaren Arbeitsanteils dar, da sie untrennbar mit der verfehlten Nahsicht verbunden sei. Der daneben bestehende Schadenersatzanspruch des Beklagten aus Pflichtverletzung seitens des Arztes berechtige den Beklagten ebenfalls, zumindest von seiner ursprünglichen Vergütungspflicht befreit zu werden, so das AG abschließend.
Amtsgericht München, Urteil vom 02.03.2020, 159 C 22718/18, rechtskräftig