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Vorwurf der Volksverhetzung: Kein Strafprozess gegen Geraer Verwaltungsrichter
Der Vizepräsident des Verwaltungsgerichts (VG) Gera, BengtFuchs, hatte sich in einem Facebook-Post abfällig über Sinti und Roma geäußert.Das führte zu einer Anklage durch die Staatsanwaltschaft wegen Volksverhetzung– die jetzt im Nichts endete. Nachdem das Landgericht (LG) Gera es abgelehnthatte, das Hauptverfahren zu eröffnen, hat das Oberlandesgericht (OLG)Thüringen das jetzt bestätigt.
Die Staatsanwaltschaft Gera wirft Fuchs vor, in einemFacebook-Eintrag pauschal Angehörige der Sinti und Roma als "Rotationseuropäermit Eigentumszuordnungsschwäche" bezeichnet zu haben. Diese Äußerungerfülle den Tatbestand der Volksverhetzung (§ 130 Strafgesetzbuch – StGB), weilsie zum Hass aufstachele und einen Angriff auf die Menschenwürde darstelle.
Das LG sah den Tatbestand als nicht erfüllt an und lehntedie Eröffnung des Hauptverfahrens ab. Dagegen legte die Staatsanwaltschaft Gerasofortige Beschwerde ein. Ohne Erfolg: Das OLG meint, das LG habe die Äußerung desVG-Richters zutreffend ausgelegt. Dieser habe zum Ausdruck gebracht, dassAngehörige der Sinti und Roma als nicht sesshafte Personen durch Europa reisenund Straftaten im Bereich der Vermögensdelikte begehen würden.
Das könne zwar als ehrverletzende Äußerung bei Vorliegeneines Strafantrags rechtlich verfolgt werden (§ 185 StGB Beleidigung) undAngehörige der Sinti und Roma könnten so strafrechtlichen Schutz erhalten. DerTatbestand der Volksverhetzung (§ 130 StGB) sei aber nicht erfüllt.
Das OLG sieht in dem Facebook-Eintrag zwar eine "grobgeschmacklose und diffamierende Entgleisung des Angeschuldigten" und einenmissglückten Versuch, die Betroffenen in ironisch-satirischer Form pauschallächerlich zu machen und möglichst viele "Likes" zu erzielen.Gleichwohl sei die Äußerung weder von Hass erfüllt noch reize sie infeindseliger Weise zum Hass an (§ 130 Absatz 1 Nr. 1 StGB "Aufstacheln zumHass").
Auch ein Angriff auf die Menschenwürde (§ 130 Absatz 1 Nr. 2StGB) liege nicht vor. Diese Norm knüpfe an Artikel 1 Absatz 1 desGrundgesetzes an und schütze den unverzichtbaren Kern der Menschenwürde. BloßeBeleidigungen und Beschimpfungen reichten dafür nicht aus. Erforderlich sei,dass den angegriffenen Personen das Lebensrecht in der staatlichen Gemeinschaftabgesprochen werde und sie als minderwertige Wesen behandelt werden würden.Diese Schwelle sieht das OLG hier nicht erreicht. Es begründet dies mit einervergleichenden und rechtshistorischen Betrachtung, in deren Kontext dieÄußerung gestellt wird. Fuchs` Eintrag lasse insbesondere keinen Bezug zumnationalsozialistischen menschenverachtenden Gedankengut unter Aberkennung derMenschenwürde erkennen, sondern bewege sich auf einer diskriminierenden unddiffamierenden Ebene. Die sei zwar ehrverletzend sei, spreche den Angehörigender Sinti und Roma aber nicht die Würde als Mensch ab.
Gegen den Beschluss kann kein weiteres Rechtsmitteleingelegt werden.
Thüringer Oberlandesgericht, Beschluss vom 27.10.2025, 3 Ws308/25