Mitglied werden
Suche
Vor Ort
Presse
Menü

Veränderung pro Sekunde

Login
Menü schließen

Menü schließen

Sie sind hier:  Startseite  Bayern  Newsticker-Archiv    Vorsteuerabzug: Verfahren bei unbestimmt...

Vorsteuerabzug: Verfahren bei unbestimmten und unvollständigen Angaben in Rechnung

21.12.2022

Sind die Angaben in einer Rechnung nicht in so hohem Maße unbestimmt, unvollständig oder unzutreffend, dass sie fehlenden Angaben gleichstehen, ist das Finanzamt daran gehindert, das Recht auf Vorsteuerabzug allein deshalb zu verweigern, weil die Rechnung, die der Steuerpflichtige besitzt, nicht ordnungsgemäß ist, sofern es über alle notwendigen Informationen verfügt, um zu prüfen, ob die materiellen Voraussetzungen für die Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug vorliegen. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden.

Die Klägerin hatte 1992 ohne Beanstandung durch das beklagte Finanzamt den Vorsteuerabzug aus Rechnungen in Anspruch genommen, die zwar Angaben zum Leistungsempfänger enthielten, die aber entweder fehlerhaft oder unvollständig waren. Ihr gingen in 2014 (Streitjahr) berichtigte Rechnungen zu, die sie als Leistungsempfängerin nunmehr zutreffend bezeichneten. Daher machte sie geltend, dass sie aufgrund der Rechnungsberichtigungen für das Streitjahr erstmals zum Vorsteuerabzug berechtigt sei.

Das Finanzamt folgte dem nicht. Auch die Klage zum Finanzgericht (FG) hatte keinen Erfolg. Nach dem Urteil des FG waren die in 1992 ausgestellten Rechnungen berichtigungsfähig, da sie Angaben zum Leistungsempfänger enthielten, die nicht in so hohem Maße unbestimmt, unvollständig oder unzutreffend waren, dass sie fehlenden Angaben gleichstanden. Zudem komme die Anwendung einer finanzbehördlichen Übergangsregelung nicht in Betracht, da sie den Vorsteuerabzug aus den ursprünglichen Rechnungen bereits in 1992 erlangt habe. Rückzahlungsbeträge aufgrund geänderter Festsetzungen seien nicht entrichtet worden.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde. Laut BFH ist die Beschwerde jedenfalls unbegründet. Zunächst habe die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung. Die Beschwerde werfe zwar die abstrakte Rechtsfrage auf, ob die zutreffenden Angaben zum Leistungsempfänger eine fundamentale Angabe einer Rechnung darstellen, sodass keine rückwirkende Berichtigung einer in dieser Hinsicht fehlerhaften Rechnung in Betracht kommt. Diese Rechtsfrage sei jedoch im Streitfall nicht zu klären.

Das FG habe seine Entscheidung insbesondere damit begründet, dass die 1992 ausgestellten Rechnungen berichtigungsfähig waren, da sie Angaben zum Leistungsempfänger enthielten, die nicht in so hohem Maße unbestimmt, unvollständig oder unzutreffend waren, dass sie fehlenden Angaben gleichstanden, zumal keine Verwechselungsgefahr bestanden habe. In einem derartigen Fall, in dem die Rechtsprechung des BFH, auf die sich das FG bei seiner Entscheidung bezogen hat, eine Rückwirkung der Rechnungsberichtigung zulässt (Urteil vom 20.10.2016, V R 54/14), seien zudem nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs die nationalen Steuerbehörden daran gehindert, das Recht auf Vorsteuerabzug allein deshalb zu verweigern, weil die Rechnung, die der Steuerpflichtige besitzt, nicht ordnungsgemäß ist, obwohl diese Behörden über alle notwendigen Informationen verfügen, um zu prüfen, ob die materiellen Voraussetzungen für die Ausübung dieses Rechts vorliegen (grundlegend EuGH, Urteil vom 15.09.2016, C-516/14). Eine solche Situation lag laut BFH im Streitfall jedenfalls insoweit vor, als die Klägerin den Vorsteuerabzug bereits für 1992 zunächst erhalten hatte und fehlende Ausübungsvoraussetzungen nach dem Urteil des FG durch die Berichtigung rückwirkend hergestellt wurden.

Aufgrund dieser Erwägungen liege auch keine Divergenz vor. Zwar verweise die Klägerin darauf, dass ein anderes FG entschieden habe, dass die Angabe eines Unternehmers, der nicht der tatsächliche Leistungsempfänger ist, eine offensichtlich unzutreffende Angabe sei, die nicht rückwirkend berichtigt werden kann. Der geltend gemachte Widerspruch bestehe indes nicht und somit auch keine Divergenz, so der BFH. Denn sind Angaben in einer Rechnung zum Leistungsempfänger auslegungsfähig und nicht in so hohem Maße unbestimmt, unvollständig oder unzutreffend, dass sie fehlenden Angaben gleichstehen, handele es sich nicht um die Angabe eines Unternehmers, der nicht der tatsächliche Leistungsempfänger ist.

Im Übrigen weist der BFH darauf hin, dass es für die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung und der Divergenz nicht darauf ankommt, ob das FG nach diesen Maßgaben den von ihm zu beurteilenden Einzelfall zutreffend entschieden hat. Sollte dies nicht der Fall sein, handele es sich um einen für diese Zulassungsgründe unbeachtlichen materiell-rechtlichen Rechtsfehler des FG.

Bundesfinanzhof, Beschluss vom 14.11.2022, XI B 105/21

Mit Freunden teilen