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Verwertungsgesellschaft: Kann vor Vertragsschluss wirksame Maßnahmen gegen Framing verlangen

14.09.2021

Eine Verwertungsgesellschaft darf den Abschluss eines Vertrags über die Nutzung von Digitalisaten urheberrechtlich geschützter Werke im Internet davon abhängig machen, dass der Nutzer wirksame technische Maßnahmen gegen so genanntes Framing ergreift. Dies stellt der Bundesgerichtshof (BGH) klar. Unter "Framing" versteht man das Einbetten der auf dem Server eines Nutzers gespeicherten und auf seiner Internetseite eingestellten Inhalte auf der Internetseite eines Dritten.

Die Klägerin, die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, ist Trägerin der Deutschen Digitalen Bibliothek. Diese bietet eine Online-Plattform für Kultur und Wissen an, die deutsche Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen miteinander vernetzt. Auf der Internetseite der Bibliothek sind über elektronische Verweise ("Links") digitalisierte Inhalte abrufbar, die in den Webportalen dieser Einrichtungen gespeichert sind. Die Bibliothek speichert Vorschaubilder dieser digitalisierten Inhalte. Einige dieser Inhalte, wie etwa Werke der bildenden Kunst, sind urheberrechtlich geschützt.

Die Beklagte, die Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst, nimmt die urheberrechtlichen Befugnisse der ihr angeschlossenen Urheber an Werken der bildenden Kunst wahr. Die Klägerin verlangt von der Beklagten den Abschluss eines Vertrags, der ihr das Recht zur Nutzung dieser Werke in Form von Vorschaubildern einräumt. Die Beklagte macht den Abschluss eines solchen Nutzungsvertrags von der Aufnahme folgender Bestimmung in den Vertrag abhängig: "Die Lizenznehmerin verpflichtet sich, bei der Nutzung der vertragsgegenständlichen Werke und Schutzgegenstände wirksame technische Maßnahmen zum Schutz dieser Werke oder Schutzgegenstände gegen Framing anzuwenden."

Die Klägerin lehnt eine solche Vertragsbestimmung ab und hat mit ihrer Klage die Feststellung beantragt, dass die Beklagte zum Abschluss eines Nutzungsvertrages ohne diese Regelung verpflichtet ist. Das Landgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Kammergericht (KG) die Verpflichtung der Beklagten zum Abschluss eines Nutzungsvertrags ohne die Klausel festgestellt. Der BGH hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das KG zurückverwiesen.

Die Beklagte sei als Verwertungsgesellschaft nach § 34 Absatz 1 Satz 1 Verwertungsgesellschaftengesetz verpflichtet, aufgrund der von ihr wahrgenommenen Rechte jedermann auf Verlangen zu angemessenen Bedingungen Nutzungsrechte einzuräumen. Sie sei allerdings auch verpflichtet, dabei die Rechte der ihr angeschlossenen Urheber wahrzunehmen und durchzusetzen. Bei der hier vorzunehmenden Abwägung der Interessen der Beteiligten habe das KG zu Unrecht angenommen, Rechte der Urheber seien nicht betroffen, wenn die von der Klägerin genutzten Vorschaubilder von Werken der bildenden Kunst unter Umgehung technischer Schutzmaßnahmen zum Gegenstand von Framing würden.

Ein solches Framing verletze ein den Urhebern zustehendes unbenanntes Recht der öffentlichen Wiedergabe, das sich aus § 15 Absatz 2 Urhebergesetz (UrhG) ergibt, der mit Blick auf Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie 2001/29/EG richtlinienkonform auszulegen sei. Der Europäische Gerichtshof habe auf Vorlage des BGH entschieden, dass die Einbettung eines mit Einwilligung des Rechtsinhabers auf einer frei zugänglichen Internetseite verfügbaren Werks in die Internetseite eines Dritten im Wege des Framing eine öffentliche Wiedergabe des Werks im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 der Richtlinie 2001/29/EG darstellt, wenn sie unter Umgehung von Schutzmaßnahmen gegen Framing erfolgt, die der Rechtsinhaber getroffen oder veranlasst hat (Urteil vom 09.03.2021, C-392/19).

Für die vom KG erneut vorzunehmende Beurteilung weist der BGH darauf hin, dass nicht auf das Interesse einzelner, mit dem Framing durch Dritte einverstandener Urheber, sondern auf die typische, auf Rechtswahrung gerichtete Interessenlage der von der Beklagten vertretenen Urheberrechtsinhaber abzustellen ist.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 09.09.2021, I ZR 113/18 – Deutsche Digitale Bibliothek II

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