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Verurteilung nach verständigungsbasiertem Geständnis: Verfassungsbeschwerde erfolgreich

08.02.2024

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat einer Verfassungsbeschwerde gegen eine strafrechtliche Verurteilung stattgegeben. Grundlage der Verurteilung war eine geständige Einlassung des Beschwerdeführers nach einer Verständigung. Laut BVerfG hätte das Geständnis vernünftigerweise nicht als alleinige Grundlage zu seiner Verurteilung herangezogen werden dürfen. Es hat die Sache an das AG zurückverwiesen.

Das Amtsgericht (AG) verurteilte den Beschwerdeführer wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt zu einer Gesamtfreiheitsstrafe. Vorausgegangen war ein so genannter Deal – eine Verständigung zwischen dem Gericht und den Verfahrensbeteiligten. Der Verteidiger des Beschwerdeführers erklärte, der Beschwerdeführer bestätige "die Tatvorwürfe aus der Anklage". Der Beschwerdeführer erklärte: "Das ist richtig so". Eine Beweisaufnahme zur Überprüfung der Einlassung fand nicht statt. Die vom Beschwerdeführer gegen das Urteil des AG eingelegte Sprungrevision verwarf das Oberlandesgericht (OLG) als unbegründet.

Laut BVerfG verletzen die Urteile des AG und OLG den Beschwerdeführer in seinem Recht auf ein faires Verfahren. Das AG habe bei der Sachverhaltsaufklärung und der Beweiswürdigung die verfassungsrechtlichen Mindestanforderungen an die Wahrheitserforschung verkannt. Das Geständnis hätte nicht als alleinige Grundlage zu seiner Verurteilung herangezogen werden dürfen. Dem AG hätte sich zwingend die Notwendigkeit einer ergänzenden Beweiserhebung zur Überprüfung des Geständnisses und der Feststellung seiner Schuld aufdrängen müssen. Das gelte insbesondere, weil das Verfahren als komplex und die Qualität des Geständnisses als gering einzustufen seien.

So erstrecke sich der Tatvorwurf auf 26 Taten, die die Beschäftigung von mindestens 36 Personen in einem Zeitraum von fast drei Jahren betreffen und einen Schaden von mutmaßlich nahezu einer halben Million Euro umfassen. Die Qualität des verständigungsbasierten Geständnisses dürfte aus Sicht des BVerfG kaum über ein Formalgeständnis hinausgehen. Die oberflächlichen und teilweise mehrdeutigen Ausführungen des Beschwerdeführers ließen es als äußerst zweifelhaft erscheinen, dass sich der Tatrichter allein auf dieser Basis vom Vorliegen der objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale des Straftatbestandes überzeugen konnte. Es sei insbesondere nicht erkennbar, dass das AG bei Würdigung der Aussagekraft der geständigen Einlassung berücksichtigt hätte, dass der Beschwerdeführer das Geständnis nicht persönlich vortrug, sondern durch seinen Verteidiger verlesen ließ. Die Erforderlichkeit einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts hätte sich dem AG aufdrängen müssen. Die Entscheidung des OLG habe diesen Verfassungsverstoß perpetuiert.

Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 20.12.2023, 2 BvR 2103/20

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