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Vermögensgegenstände oder Rechte im Ausland: Spanische Regelung zu Erklärungspflicht verstößt gegen EU-Recht

31.01.2022

Die nationale Regelung, nach der die spanischen Steueransässigen dazu verpflichtet sind, ihre Vermögensgegenstände oder Rechte im Ausland zu erklären, verstößt gegen Unionsrecht. Wie der Europäische Gerichtshof (EuGH) klarstellt, sind die Beschränkungen des freien Kapitalverkehrs, die sie auferlegt, unverhältnismäßig.

Am 15.02.2017 gab die EU-Kommission eine mit Gründen versehene Stellungnahme ab, in der sie die Unvereinbarkeit bestimmter Aspekte der Pflicht spanischer Steueransässiger, die im Ausland belegenen Vermögensgegenstände und Rechte mit einem "Formblatt 720" zu erklären, mit dem Unionsrecht feststellte. Nach Ansicht der Kommission standen die mit der Nichtbeachtung dieser Verpflichtung verbundenen Folgen außer Verhältnis zu dem mit den spanischen Rechtsvorschriften verfolgten Ziel, die Wirksamkeit der steuerlichen Überwachung zu gewährleisten und Steuerhinterziehung und -umgehung zu bekämpfen.

Nach den in Rede stehenden nationalen Rechtsvorschriften müssen in Spanien ansässige Personen, die ihre Vermögensgegenstände und Rechte im Ausland nicht erklären oder unvollständig oder verspätet erklären, mit der Nacherhebung der geschuldeten Steuer auf die Beträge rechnen, die dem Wert dieser Vermögensgegenstände oder Rechte entsprechen, auch wenn diese in einem bereits verjährten Zeitraum erworben wurden, sowie mit der Verhängung einer proportionalen und bestimmter pauschaler Geldbußen.

Laut EuGH hat Spanien damit gegen seine sich aus dem Grundsatz des freien Kapitalverkehrs ergebenden Verpflichtungen verstoßen. Die Verpflichtung zur Einreichung des "Formblatts 720" und die mit der Missachtung oder der unvollständigen oder verspäteten Erfüllung dieser Verpflichtung verbundenen Sanktionen, die bei in Spanien belegenen Vermögensgegenständen oder Rechten nicht bestehen, führten zu einer unterschiedlichen Behandlung der in Spanien ansässigen Personen je nachdem, wo sich ihre Vermögenswerte befinden. Da diese Verpflichtung geeignet sei, die Gebietsansässigen dieses Mitgliedstaats davon abzuhalten, in anderen Mitgliedstaaten zu investieren, sie daran zu hindern oder ihre Möglichkeiten dazu einzuschränken, stelle sie eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs dar.

Die in Rede stehenden Rechtsvorschriften könnten zwar durch die Verwirklichung der oben genannten Ziele gerechtfertigt sein, da die Mitgliedstaaten in Bezug auf die im Ausland belegenen Vermögenswerte ihrer Steueransässigen trotz der bestehenden Mechanismen des Informationsaustauschs oder der Amtshilfe zwischen den Mitgliedstaaten im Allgemeinen über weniger Informationen verfügten als über Vermögenswerte, die sich in ihrem Hoheitsgebiet befinden. Die Prüfung durch den EuGH zeige jedoch, dass diese Rechtsvorschriften über das hinausgingen, was zur Erreichung dieser Ziele erforderlich sei.

Erstens ist der EuGH der Ansicht, dass Spanien dadurch gegen seine sich aus dem Grundsatz des freien Kapitalverkehrs ergebenden Verpflichtungen verstoßen hat, dass es vorgesehen hat, dass die Nichterfüllung oder die unvollständige oder verspätete Erfüllung der Informationspflicht hinsichtlich der Vermögensgegenstände und Rechte im Ausland die Besteuerung nicht erklärter Einkünfte, die dem Wert dieser Vermögenswerte entsprechen, als "ungerechtfertigte Vermögenszuwächse" nach sich ziehen, ohne dass in der Praxis die Verjährung geltend gemacht werden kann. Dem EuGH zufolge erscheint die vom spanischen Gesetzgeber aufgestellte Vermutung "nicht gerechtfertigter Vermögenszuwächse" insbesondere deshalb, weil der Steuerpflichtige sie widerlegen kann, nicht außer Verhältnis zu den Zielen der Gewährleistung der Wirksamkeit der steuerlichen Überwachung und der Bekämpfung von Steuerhinterziehung und -umgehung zu stehen.

Dagegen seien die im Bereich der Verjährung getroffenen Entscheidungen im Hinblick auf diese Ziele unverhältnismäßig, weil sie es der Steuerverwaltung ermöglichen, die geschuldete Steuer für Beträge, die dem Wert der im Ausland belegenen, nicht oder unvollständig oder verspätet mit dem "Formblatt 720" erklärten Vermögensgegenstände oder Rechte entsprechen, zeitlich unbegrenzt nachzufordern. Die vom spanischen Gesetzgeber erlassene Regelung habe also nicht nur eine Unverjährbarkeitswirkung, sondern ermögliche es der Steuerverwaltung auch, eine bereits zugunsten des Steuerpflichtigen eingetretene Verjährung wieder in Frage zu stellen, was gegen das grundlegende Erfordernis der Rechtssicherheit verstoße. Dadurch, dass an die Verletzung einer Erklärungspflicht so schwerwiegende Folgen geknüpft werden, gehe der spanische Gesetzgeber über das hinaus, was erforderlich sei, um die Wirksamkeit der steuerlichen Überwachung zu gewährleisten und Steuerhinterziehung und -umgehung zu bekämpfen.

Zweitens habe Spanien gegen seine sich aus dem Grundsatz des freien Kapitalverkehrs ergebenden Verpflichtungen auch dadurch verstoßen, dass es die Nichterfüllung oder die unvollständige oder verspätete Erfüllung der Informationspflicht hinsichtlich der Vermögensgegenstände und Rechte im Ausland mit einer proportionalen Geldbuße von 150 Prozent der auf die dem Wert dieser Vermögensgegenstände oder Rechte entsprechenden Beträge berechneten Steuer belegt hat. Diese Geldbuße könne mit pauschalen Geldbußen kumuliert werden, die für jede unvollständige, unrichtige oder falsche Angabe oder Reihe von Angaben gelten, die im "Formblatt 720" hätte enthalten sein müssen. Die Verhängung dieser Geldbuße stehe, wie der EuGH feststellt, in unmittelbarem Zusammenhang mit der Verletzung von Erklärungspflichten, weil sie nur gegen Steuerpflichtige festgesetzt wird, die der Informationspflicht nicht nachgekommen sind.

Dieses Pflichtversäumnis reiche für die Feststellung eines Steuerdelikts aus, das als sehr schwerwiegend angesehen und mit der Verhängung einer Geldbuße in Höhe von 150 Prozent des Betrags der hinterzogenen Steuer bestraft wird, wobei dieser Satz nicht als Höchstsatz formuliert ist. Der EuGH stellt ferner fest, dass der sehr hohe Prozentsatz dieser Geldbuße ihr einen äußerst repressiven Charakter verleiht und dass ihre Kumulierung mit den darüber hinaus vorgesehenen pauschalen Geldbußen in vielen Fällen dazu führen kann, den Gesamtbetrag der Beträge, die der Steuerpflichtige schuldet, auf mehr als 100 Prozent des Wertes seiner Vermögensgegenstände oder Rechte im Ausland anzuheben. Dies stelle eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung des freien Kapitalverkehrs dar.

Drittens hat Spanien laut EuGH auch dadurch gegen seine sich aus dem Grundsatz des freien Kapitalverkehrs ergebenden Verpflichtungen verstoßen, dass es die Nichterfüllung oder die unvollständige oder verspätete Erfüllung der Informationspflicht hinsichtlich der Vermögensgegenstände und Rechte im Ausland mit pauschalen Geldbußen belegt hat, deren Höhe außer Verhältnis zu den Sanktionen steht, die in einem rein innerstaatlichen Kontext für vergleichbare Verstöße vorgesehen sind, und deren Gesamtbetrag nach oben nicht begrenzt ist. Diese Geldbuße belaufe sich auf 5.000 Euro für jede fehlende, unvollständige, unrichtige oder falsche Angabe oder Reihe von Angaben, wobei die Mindestgeldbuße 10.000 Euro betrage, und 100 Euro für jede Angabe oder Reihe von Angaben, die nicht fristgerecht oder nicht mit elektronischen Mitteln, sofern dies vorgeschrieben war, erklärt worden ist, wobei die Mindestgeldbuße 1.500 Euro beträgt.

Der EuGH stellt insoweit fest, dass das spanische Gesetz die Verletzung bloßer Erklärungspflichten oder rein formeller Verpflichtungen mit der Verhängung sehr hoher pauschaler Geldbußen belegt, da sie für jede einzelne betroffene Angabe oder Reihe von Angaben gelten, sie je nach Fall mit einem Mindestbetrag von 1.500 oder 10.000 Euro einhergehen und ihr Gesamtbetrag nach oben nicht begrenzt ist. Er berücksichtigt auch, dass diese pauschalen Geldbußen mit der proportionalen Geldbuße von 150 Prozent kumuliert werden, und weist darauf hin, dass ihre Höhe außer Verhältnis zu der Höhe der Geldbußen steht, mit denen die Missachtung ähnlicher Verpflichtungen in einem rein innerstaatlichen Kontext in Spanien geahndet werden. Folglich stellten diese pauschalen Geldbußen eine unverhältnismäßige Beschränkung des freien Kapitalverkehrs auf.

Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil vom 27.01.2022, C-788/19

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