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Vermietung nicht ortsfester Wohncontainer an Arbeitnehmer: Mit ermäßigtem Steuersatz zu besteuern

13.03.2023

§ 12 Absatz 2 Nr. 11 Satz 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) begünstigt nicht nur die Vermietung von Grundstücken und mit diesen fest verbundenen Gebäuden, sondern allgemein die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen durch einen Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden und damit auch die Vermietung von Wohncontainern an Erntehelfer. Dies stellte der Bundesfinanzhof (BFH) im Fall eines Landwirts klar, dessen Schwerpunkt im Spargel- und Beerenanbau liegt.

Der Landwirt beschäftigte saisonal rund 100 Erntehelfer, an die er Räume in Wohncontainern vermietete. Die Container waren nicht in das Erdreich eingelassen, sondern standen auf Steinsockeln. Der Landwirt meldete seine Umsätze aus der Vermietung der Räume an die Erntehelfer zum ermäßigten Steuersatz an. Dem widersprach das Finanzamt und unterwarf die Umsätze, weil die Unterkünfte keine dauerhaft feste Verbindung zum Grundstück besaßen, dem Regelsteuersatz.

Die hiergegen gerichtete Klage des Landwirts hatte in erster und zweiter Instanz Erfolg. Nach § 12 Absatz 2 Nr. 11 Satz 1 UStG ermäßige sich die Steuer auf sieben Prozent für die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält. Diese Steuerermäßigung umfasse, wie das Finanzgericht (FG) richtig entschieden habe, auch die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen in nicht ortsfesten Wohncontainern, so der BFH.

Zwar entspreche die Formulierung des § 12 Absatz 2 Nr. 11 Satz 1 UStG derjenigen in § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG, der sich auf den Grundtatbestand des § 4 Nr. 12 a) UStG und damit auf die Vermietung von Grundstücken bezieht. Dem Wortlaut des § 12 Absatz 2 Nr. 11 Satz 1 UStG selbst sei jedoch nicht zu entnehmen, dass er sich lediglich auf die Vermietung von Grundstücken bezöge. Vielmehr begünstige die Vorschrift allgemein die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen durch einen Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden.

Dies, so der BFH, entspreche auch dem EU-Recht. Im Verzeichnis der Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, auf die gemäß Artikel 98 Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie (MwStSystRL) ermäßigte Mehrwertsteuersätze angewandt werden können, seien in Anhang III Nr. 12 MwStSystRL die Beherbergung in Hotels und ähnlichen Einrichtungen, einschließlich der Beherbergung in Ferienunterkünften, und Vermietung von Campingplätzen und Plätzen für das Abstellen von Wohnwagen angeführt. Nach Artikel 43 MwSt-Durchführungsverordnung (MwSt-DVO) umfasse die "Beherbergung in Ferienunterkünften" auch die Vermietung von Zelten, Wohnanhängern oder Wohnmobilen, die auf Campingplätzen aufgestellt sind und als Unterkünfte dienen.

Der Beherbergungsbegriff des Anhangs III Nr. 12 MwStSystRL sei zwar eng auszulegen. Er sei jedoch weit genug, um auch die kurzfristige Beherbergung von Saisonarbeitern in nicht ortsfesten Wohncontainern zu erfassen. Artikel 43 MwSt-DVO sei Ausweis dafür, dass auch die Beherbergung in nicht ortsfesten Einrichtungen der Steuersatzermäßigung unterfallen kann.

Ein anderes Verständnis des Begriffs der "Beherbergung in Hotels und ähnlichen Einrichtungen" würde nach Ansicht des BFH zudem zu einem Verstoß gegen den Grundsatz der steuerlichen Neutralität führen. Danach sei es unzulässig, gleichartige Gegenstände oder Dienstleistungen, die miteinander in Wettbewerb stehen, hinsichtlich der Mehrwertsteuer unterschiedlich zu behandeln.

Ob Gegenstände oder Dienstleistungen gleichartig sind, sei in erster Linie aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers zu bewerten. Danach sei entgegen der Auffassung der Revision nicht auf die Sicht des Leistenden (des Vermieters) abzustellen, etwa dass dieser mobile Wohn- und Schlafräume anders als ortsfeste Einrichtungen räumlich flexibel einsetzen und damit andere Bedürfnisse des Nutzers erfüllen könne. Aus der vielmehr maßgeblichen Sicht des Durchschnittsverbrauchers sei hier jeweils der Bedarf an Unterbringung vor Ort für die Dauer von längstens drei Monaten zu befriedigen gewesen. Wie das FG ausgeführt habe, hätten die Erntehelfer ohne die Unterbringung in den Wohncontainern des Klägers in den umliegenden Pensionen, Hotels oder Ferienunterkünften unterkommen müssen. Bei diesen Formen der Unterbringung handele es sich insoweit wie bei der Beherbergung in Wohncontainern um gleichartige Dienstleistungen.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 29.11.2022, XI R 13/20

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