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Verletzung bei Tandemsprung: Schmerzensgeld und Schadenersatz

09.01.2023

Ein Tandem-Fallschirmspringer, der sich bei der Landung schwer verletzt hat, erhält unabhängig von einem Verschulden des Tandem-Piloten Schmerzensgeld und Schadenersatz. Dies hat das Landgericht (LG) Köln entschieden. Allerdings sei der Anspruch auf höchstens 163.000 Euro begrenzt.

Der Kläger buchte bei der Beklagten einen Tandem-Fallschirmsprung. Bei dem Sprung ist der Tandem-Passagier mit dem Tandem-Piloten über ein Spezialgurtzeug fest verbunden. Nach circa 20-minütigem Flug auf die richtige Höhe steigt das Tandem aus dem Flugzeug aus, fällt circa 45 bis 55 Sekunden im freien Fall senkrecht nach unten, öffnet den Fallschirm und landet dann nach einer Schwebephase von circa weiteren fünf bis zehn Minuten auf dem Sprungplatz.

Vor dem Sprung unterzeichnete der Kläger einen Beförderungsvertrag mit Haftungsausschlusserklärung, in dem auf eine Unfallgefahr bei der Landung hingewiesen wurde. Die Landung auf dem Sprungplatz war hart. Der Kläger musste mit starken Schmerzen ins Krankenhaus transportiert werden. Er zog sich durch die Landung einen Wirbelkörperbruch mit einer Rückenmarkskontusion zu und leidet seitdem unter starken Schmerzen, besonders bei Belastung.

Der Kläger fordert von der Beklagten ein Schmerzensgeld von mindestens 20.000 Euro, materiellen Schaden von 7.769,35 Euro, die außergerichtlich entstandenen Rechtsanwaltsgebühren sowie die Feststellung, dass alle zukünftigen Schäden von der Beklagten zu erstatten sind. Er behauptet, der Tandem-Pilot habe die Landung nicht richtig durchgeführt, sodass sie viel zu schnell den Boden berührt hätten. Er sei mit dem Gesäß aufgeschlagen und habe dabei einen brennenden Schmerz verspürt. Die Beklagte ging von einer schulbuchmäßigen Landung aus.

Das LG Köln hat nun entschieden, dass dem Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 20.000 Euro, materieller Schaden in Höhe von 6.838,45 Euro sowie die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten zustehen. Außerdem hat es festgestellt, dass die Beklagte für alle zukünftigen Schäden aus dem Flugunfall haftet.

Ein Anspruch ergebe sich aus der verschuldensunabhängigen Haftung des § 45 Absatz 1 Luftverkehrsgesetz (LuftVG). Danach stehe einem Fluggast Schadenersatz zu, wenn er durch einen Unfall an Bord eines Luftfahrzeugs oder beim Ein- oder Aussteigen getötet, körperlich verletzt oder gesundheitlich geschädigt wird. Dieser Anspruch sei zwar der Höhe nach bei umgerechnet circa 163.000 Euro begrenzt. Die Schäden des Klägers lägen jedoch unterhalb dieser Grenze.

Die Parteien hätten einen Luftbeförderungsvertrag abgeschlossen. Ein solcher liege auch dann vor, wenn es den Flugzeuginsassen nur darum geht, in den Luftraum zu gelangen, um die durch das Flugzeug erreichte Höhe zu nutzen. Eine bestimmte Ortsveränderung müsse dadurch nicht erreicht werden.

Bei der Landung habe sich der Kläger schwer verletzt. Der vertragliche Schutz des Passagiers umfasse dabei auch das Aussteigen, auch mit Fallschirm, jedenfalls solange sich der Fluggast noch in der Obhut des Tandem-Piloten befindet. Bei der Verletzung des Klägers während des Landevorgangs habe sich genau das Risiko verwirklicht, das bei der Verwendung eines Fallschirms besteht, so das LG.

Die Beklagte habe ihre Haftung gegenüber dem Passagier nicht ausschließen können, da dieser formularmäßige Ausschluss unwirksam sei, betont das LG Allerdings trete die Haftungsbegrenzung bei einem Betrag von circa 163.000 Euro pro Flug ein, da der Beklagten der Entlastungsbeweis gelungen ist, dass der Unfall nicht durch ein Verschulden des Tandem-Piloten herbeigeführt worden ist. Für einen Schaden oberhalb der Haftungsgrenze treffe den Luftfrachtführer zwar eine Haftung aus vermutetem Verschulden. Von diesem Vorwurf habe er sich aber entlasten können. Das Gericht ist nach Prüfung durch einen Sachverständigen davon überzeugt gewesen, dass für einen Tandemsprung ideale Wetterbedingungen geherrscht hätten. Der Tandem-Pilot habe eine vorschriftsmäßige Landung durchgeführt. Allerdings hätten Turbulenzen in circa zehn Meter Höhe zu einem Durchsacken des Fallschirms geführt, wodurch es zu einer harten Landung gekommen sei. Ein Verschulden des Tandem-Piloten liege jedoch nicht vor, da eine solche Turbulenz nicht im vornherein erkennbar sei und auch keine Möglichkeit bestanden habe, in den Landevorgang einzugreifen.

Ein Schmerzensgeld in Höhe von 20.000 Euro sei für die erlittenen Beeinträchtigung ausreichend und angemessen. Darüber hinaus sei dem Kläger ein Haushaltsführungsschaden entstanden, dessen Höhe das LG geschätzt habe. Dabei habe es in Ansehung der Tätigkeiten, die der Kläger im Haushalt durchgeführt habe, geschätzt, was ihm durch die unfallbedingten Beeinträchtigungen nicht mehr möglich ist. Weiterhin habe die Beklagte die Besuchsfahrten der Ehefrau zum Krankenhaus sowie die Fahrten des Klägers zu ärztlichen Behandlungen und Rehabilitationsmaßnahmen zu ersetzen. Auch müsse sie für alle weiteren noch auftretenden Schäden bis zur Haftungshöchstgrenze einstehen.

Landgericht Köln, Entscheidung vom 07.12.2022, 3 O 176/19, nicht rechtskräftig

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