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Verkehrsverbote für sächsische Weine: Waren rechtswidrig
Das Inverkehrbringen von Wein, der Rückstände eines Pestizids enthielt, die den in einer EU-Verordnung festgelegten Höchstgehalt nicht überschritten, durfte bereits vor Änderung des § 9 Absatz 1 Satz 2 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs (LFGB) durch Gesetz vom 27.07.2021 auch dann nicht verboten werden, wenn in Deutschland Pflanzenschutzmittel mit diesem Pestizid als Wirkstoff für den Weinbau nicht zugelassen waren. Das hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) entschieden.
Der Beklagte hatte in 2016 für mehrere Weine der Klägerin Verkehrsverbote angeordnet, weil darin das Pestizid Dimethoat nachgewiesen war. Dimethoathaltige Pflanzenschutzmittel waren für den Weinbau in Deutschland nicht zugelassen. Der Dimethoatgehalt der Keltertrauben lag unter dem damals in der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 festgelegten Rückstandshöchstgehalt. Die Widersprüche der Klägerin und ihre Klagen vor dem Verwaltungsgericht Dresden hatten keinen Erfolg. Das Sächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) hat die Berufungen zurückgewiesen. Die Weine sind inzwischen vernichtet.
Auf die Revisionen der Klägerin hat das BVerwG die vorinstanzlichen Entscheidungen geändert und festgestellt, dass die Verkehrsverbote rechtswidrig waren. Nach dem Weingesetz (WeinG) in Verbindung mit § 9 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 LFGB sei es verboten, Keltertrauben für die Weinherstellung zu verwenden, in oder auf denen Rückstände eines Pflanzenschutzmittels vorhanden sind, das nicht zugelassen ist oder beim Weinbau nicht angewendet werden darf. Das habe nach § 9 Absatz 1 Satz 2 LFGB in der hier maßgeblichen alten Fassung nicht gegolten, soweit für die Mittel durch Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft Höchstmengen festgesetzt waren.
Der Höchstgehalt für Dimethoat war laut BVerwG nicht in der vom Bundesministerium erlassenen Rückstandshöchstmengen-Verordnung festgesetzt, sondern in der VO (EG) Nr. 396/2005. Das habe der Anwendung des § 9 Absatz 1 Satz 2 LFGB alter Fassung – anders als vom OVG angenommen – nicht entgegengestanden.
Aus der Entstehungsgeschichte der Norm ergebe sich, dass der Bundesgesetzgeber bei der in § 9 Absatz 1 Satz 2 LFGB getroffenen Regelung die Verordnung (EG) Nr. 396/2005 einbeziehen wollte. Vor deren Inkrafttreten seien Rückstandshöchstgehalte in einer Richtlinie festgelegt gewesen, die durch die Rückstandshöchstmengen-Verordnung in nationales Recht umgesetzt wurde. Nach Inkrafttreten der EG-Verordnung bedurften die dort festgelegten Höchstgehalte nicht mehr der Umsetzung durch die Rückstandshöchstmengen-Verordnung; sie galten laut BVerwG unmittelbar. Die VO (EG) Nr. 396/2005 sei damit an die Stelle der Rückstandshöchstmengen-Verordnung getreten. Durch Gesetz vom 27.07.2021 habe der Gesetzgeber dies in § 9 Absatz 1 Satz 2 LFGB klargestellt.
Bundesverwaltungsgericht, Urteile vom 14.09.2023, BVerwG 3 C 11.22 und BVerwG 3 C 12.22