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Verjährung von Urlaubsansprüchen: BAG ruft EuGH an

01.10.2020

Zur Klärung der Frage, ob der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub nach §§ 194 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) der Verjährung unterliegt, hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) ein Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) gerichtet.

Die Klägerin war vom 01.11.1996 bis zum 31.07.2017 beim Beklagten als Steuerfachangestellte und Bilanzbuchhalterin beschäftigt. Sie hatte im Kalenderjahr Anspruch auf 24 Arbeitstage Erholungsurlaub. Mit Schreiben vom 01.03.2012 bescheinigte der Beklagte ihr, dass der "Resturlaubsanspruch von 76 Tagen aus dem Kalenderjahr 2011 sowie den Vorjahren" am 31.03.2012 nicht verfalle, weil sie ihren Urlaub wegen des hohen Arbeitsaufwandes in seiner Kanzlei nicht habe antreten können. In den Jahren 2012 bis 2017 gewährte der Beklagte der Klägerin an insgesamt 95 Arbeitstagen Urlaub. Mit der am 06.02.2018 erhobenen Klage hat die Klägerin die Abgeltung von 101 Urlaubstagen aus dem Jahr 2017 und den Vorjahren verlangt. Im Verlauf des Prozesses hat der Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben. Er hat geltend gemacht, für die Urlaubsansprüche, deren Abgeltung die Klägerin verlange, sei die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB) vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses abgelaufen.

Das Landesarbeitsgericht (LAG) ist dieser Ansicht nicht gefolgt und hat der Klage – soweit diese Gegenstand der Revision des Beklagten ist – stattgegeben. Es hat den Beklagten zur Abgeltung von 76 Urlaubstagen aus den Jahren 2013 bis 2016 verurteilt.

Für das BAG ist entscheidungserheblich, ob die nicht erfüllten Urlaubsansprüche der Klägerin aus dem Jahr 2014 und den Vorjahren bei Klageerhebung bereits verjährt waren. Die Urlaubsansprüche hätten nicht gemäß § 7 Absatz 3 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) verfallen können. Bei unionsrechtskonformer Auslegung dieser Vorschrift erlösche der Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub grundsätzlich nur dann am Ende des Kalenderjahres oder eines zulässigen Übertragungszeitraums, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer konkret aufgefordert hat, seinen Urlaub rechtzeitig im Urlaubsjahr zu nehmen, und ihn darauf hingewiesen hat, dass dieser andernfalls verfallen kann. Diese Obliegenheiten habe der Beklagte nicht erfüllt.

Vor diesem Hintergrund hat das BAG den EuGH um Vorabentscheidung über die Frage ersucht, ob es mit Artikel 7 der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG und Artikel 31 Absatz 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union im Einklang steht, wenn der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub, der aufgrund unterlassener Mitwirkung des Arbeitgebers nicht bereits nach § 7 Absatz 3 BUrlG verfallen konnte, gemäß §§ 194 Absatz 1, 195 BGB der Verjährung unterliegt.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 29.09.2020, 9 AZR 266/20 (A)

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