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Verfallene Burg: Darf als "lost Place" bezeichnet werden

25.07.2022

Eine verfallene Burg darf als "lost Place" bezeichnet werden. Dies hat das Amtsgericht (AG) München zugunsten des Betreibers einer Website zu "Lost Places" entschieden. Geklagt hatte eine US-amerikanische Gesellschaft, die Eigentümerin des betroffenen, in Thüringen gelegenen historischen Schlosses ist.

Das Schloss wurde im neunten Jahrhundert erstmals erwähnt. Im 14. Jahrhundert wurde es nach einem Brand wiederhergestellt.

Der Beklagte veröffentliche auf seiner Internetseite 2018 in der Rubrik "Lost Places" diverse Fotografien der Burg, die diese unter anderem von innen zeigen.

Die Klägerin behauptet, das Gebäude sei urheberrechtlich geschützt und sie sei Inhaberin der Urheberrechte. Die ungenehmigte Anfertigung der Bilder und das rechtswidrige Eindringen stellten eine Verletzung des "ausländischen Copyrights" der Klägerin dar. Als Schadenersatz verlangte sie 3.000 Euro. Dies entspreche dem Pauschalpreis, den sie einer Film-Crew bis zu vier Personen für die Lizenz berechne. Die Verbreitung der Fotos verletze den "foreign copyright claim" und moralische Rechte. Die Bezeichnung der Burg als "Lost Place" sei unwahr. Die Burg sei weder verloren noch verlassen. Der Schadenersatz hierfür betrage 1.500 Euro.

Der Beklagte war hingegen der Ansicht, dass sich der Zustand des Gebäudes einer Ruine ohne jeglichen materiellen oder immateriellen Wert annähere. In diesem Zustand komme der Burg kein Urheberrechtschutz zu. Zudem sei das Grundstück frei zugänglich. Nachteile oder ein Schaden könnten der Klägerin daher durch das Anfertigen von Fotografien nicht entstanden sein.

Das AG München wies die Klage vollumfänglich ab. Urheberrechtlicher Schutz nach § 11 Satz 1 Urhebergesetz könne der Klägerin von Vornherein nicht zukommen, da sie entgegen ihrer auch insoweit unschlüssigen Behauptung nicht Urheberin der betreffenden Burg sei. Urheber könnten zum einen nur natürliche, nicht dagegen auch juristische Personen sein. Zum anderen sei nicht dargelegt, dass die Klägerin die Burg errichtet hat, was angesichts des Fertigstellungsdatums jedenfalls des Wiederaufbaus im Jahr 1375 wohl auch eher fernliegen dürfte. Zu abgeleiteten Schutzrechten sei ebenso nichts vorgetragen. Ein Entstehen solcher sei angesichts der lange zurückliegenden Errichtung ebenfalls völlig abwegig.

Soweit die Klägerin ihren Antrag (auch) darauf stützen will, dass der Beklagte die Immobilie der Klägerin auf seiner Internetseite als "lost place" bezeichnet hat, scheiden Schadenersatzansprüche laut AG München ebenfalls aus. Insbesondere komme ein Anspruch auf Geldentschädigung nach §§ 823 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts beziehungsweise des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb nicht in Betracht.

Die Klägerin verlange insoweit offenbar Geldentschädigung für immaterielle Schäden ("Verletzung moralischer Rechte"). Eine solche könne zum einen nur natürlichen Personen zustehen und komme zum anderen nur in Betracht, wenn eine schwere Beeinträchtigung vorliegt, die nach Art der Verletzung nicht in anderer Weise ausgeglichen werden kann. Die erstgenannte Voraussetzung sei offenkundig nicht erfüllt. Auch eine schwerwiegende Beeinträchtigung durch die Äußerung des Beklagten sei nicht annähernd ausreichend dargetan oder ersichtlich.

Überdies, so das AG München weiter, scheide auch insoweit eine Verletzungshandlung offensichtlich aus. Aus den von der Klägerin selbst vorgelegten Lichtbildern ergebe sich unzweifelhaft, dass das Objekt leer steht. Nach der Außenansicht zu urteilen sei es zudem tatsächlich in einem äußerst schlechten baulichen Zustand, sodass zumindest der Verfall drohe. Wenn der Beklagte eine derartige Immobilie als "lost place" bezeichnet, handele es sich daher um eine offenkundig wahre Tatsachenbehauptung.“

Amtsgericht München, Urteil vom 09.04.2021, 142 C 14251/20, rechtskräftig

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