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Verfahrensmangel: Verstoß gegen gerichtlichen Geschäftsverteilungsplan

01.07.2021

Für die Geschäftsverteilung ist der vom Präsidium beschlossenen und in der vom Präsidenten bestimmten Geschäftsstelle des Finanzgerichts (FG) zur Einsichtnahme aufgelegte Geschäftsverteilungsplan (§ 21e Absatz 1 Satz 1, Absatz 9 Gerichtsverfassungsgesetz – GVG) maßgebend, nicht auf der Website des Gerichts veröffentlichte Pläne oder Übersichten. Dies stellt der Bundesfinanzhof (BFH) klar.

Weiter heißt es in der Entscheidung, es bestünden keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Geschäftsverteilungsplans, wenn die nachträgliche ("unterjährige") Änderung des gerichtlichen Geschäftsverteilungsplans durch die Einrichtung eines weiteren Senats und die damit naturgemäß einhergehende "ungenügende Auslastung des Spruchkörpers" im Sinne des § 21e Absatz 3 Satz 1 GVG veranlasst ist.

Im zugrunde liegenden Fall schloss der BFH einen Verfahrensmangel, auf dem die Entscheidung beruhen kann, aus. Der gerügte Verstoß gegen das Gebot des gesetzlichen Richters liege nicht vor.

Ein Verstoß gegen den gerichtlichen Geschäftsverteilungsplan führe nur dann zu einem Verfahrensfehler, wenn er sich zugleich als Verletzung des verfassungsrechtlichen Anspruchs auf den gesetzlichen Richter darstellt. Dies sei allein bei willkürlichen Verstößen gegen diese Verfahrensvorschriften der Fall. Von Willkür könne nur dann die Rede sein, wenn die Entscheidung sich so weit vom verfassungsrechtlichen Grundsatz des gesetzlichen Richters entfernt hat, dass sie nicht mehr zu rechtfertigen ist.

Maßgebend für die Ordnungsmäßigkeit der Besetzung des Spruchkörpers sei der für diesen Zeitpunkt geltende Geschäftsverteilungsplan des Gerichts; er regele konstitutiv auch die Zuständigkeit des Spruchkörpers für bereits anhängige Sachen. Denn der Geschäftsverteilungsplan einschließlich etwaiger Änderungen wirke nur für die Dauer eines Geschäftsjahres (Jährlichkeitsprinzip) und trete an dessen Ende ohne weiteres Zutun außer Kraft.

§ 21e Absatz 1 GVG in Verbindung mit § 4 Finanzgerichtsordnung verbiete es nicht, durch den jährlichen Geschäftsverteilungsplan bereits anhängige Sachen einem anderen Spruchkörper zuzuweisen als dem, bei dem sie im Zeitpunkt ihres Einganges anhängig geworden sind. Hierbei sei jedoch das Abstraktionsprinzip zu beachten. Der jeweilige Geschäftsverteilungsplan müsse die Aufgaben nach allgemeinen, abstrakten und objektiven Merkmalen verteilen. Dies schließe zwar nicht aus, bereits anhängige, neu zu verteilende Sachen in gewissem Umfang zu konkretisieren. Keinesfalls dürften aber einzelne ausgesuchte Sachen einem anderen Spruchkörper zugewiesen werden.

Im Streitfall liege kein Verfahrensfehler in Gestalt eines Verstoßes gegen den gerichtlichen Geschäftsverteilungsplan vor. Der erkennende 8. Senat des FG sei nach dem vom Kläger vorgelegten Geschäftsverteilungsplan für das Verfahren zuständig gewesen. Maßgebend sei der vom Präsidium beschlossene und in der vom Präsidenten bestimmten Geschäftsstelle des FG zur Einsichtnahme aufgelegte Geschäftsverteilungsplan, nicht auf der Website des Gerichts veröffentlichte Pläne oder Übersichten.

Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Geschäftsverteilungsplans bestünden nicht. Dies gelte nach den zuvor dargestellten Grundsätzen auch im Hinblick darauf, dass durch den (jährlichen) Geschäftsverteilungsplan bereits anhängige Sachen einem anderen Spruchkörper zugewiesen würden als dem, bei dem sie im Zeitpunkt ihres Einganges anhängig geworden sind. Die nachträgliche ("unterjährige") Änderung sei durch die Einrichtung des 8. Senats und die damit naturgemäß einhergehende "ungenügende Auslastung des Spruchkörpers" im Sinne des § 21e Absatz 3 Satz 1 GVG veranlasst gewesen. Verstöße gegen das Abstraktionsprinzip seien nicht ersichtlich.

Bundesfinanzhof, Beschluss vom 12.05.2021, IX B 72/20

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