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Verdachtsberichterstattung: Setzt vorherige Konfrontation des Betroffenen voraus

10.05.2024

Erfolg für Profi-Fußballer Youssoufa Moukoko: Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hat in einem Eilverfahren einer Zeitung die Behauptung und Verbreitung mehrerer Angaben über sein Alter und seine Herkunft untersagt.

Vor einer Verdachtsberichterstattung sei der Betroffene mit dem wesentlichen Kern der Vorwürfe, Anknüpfungstatsachen und Argumente zu konfrontieren, begründet das Gericht seine Entscheidung. Wird der Verdacht wesentlich auf ein vermeintliches Indiz gestützt, erstrecke sich die Anhörungsobliegenheit auch hierauf. Andernfalls könne nicht ausgeschlossen werden, dass die konkrete Berichterstattung in einem für den Leser wichtigen Punkt bei erfolgter Anhörung anders ausgefallen wäre.

Moukoko wurde in die deutsche Fußballnationalmannschaft berufen. Er wendet sich gegen Aussagen in einem Artikel in einem Nachrichtenmagazin. Das Landgericht hatte dem Eilantrag nur zu einem geringen Teil stattgegeben und ihn im Übrigen abgewiesen. Die Berufung Moukokos hatte vor dem OLG überwiegend Erfolg. Zu Recht wende er sich gegen in dem Artikel enthaltene Verdachtsäußerungen, die in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht eingriffen, so das OLG.

Da es an einer ausreichenden Anhörung und Möglichkeit zur Stellungnahme zu den wesentlichen den Verdacht stützenden Indizien vor der Veröffentlichung gemangelt habe, könne er Unterlassung verlangen. Maßgeblich für die Frage, ob Unterlassung verlangt werden könne, sei die Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Spielers einerseits und dem Recht auf Meinungs- und Medienfreiheit der Presse andererseits, betont das OLG.

Bei dem Artikel handele es sich um eine Verdachtsberichterstattung über Zweifel und Gerüchte am tatsächlichen Alter des Klägers. Es werde der Verdacht geschildert, dass Moukoko tatsächlich älter als angegeben sei und andere leibliche Eltern habe. Diese Schilderungen seien geeignet, sich erheblich auf das Ansehen des über den Artikel identifizierbaren Klägers auszuwirken. Sie hätten zudem eine erhebliche Breitenwirkung.

Demgegenüber habe aber auch das von der Presse verfolgte Informationsinteresse hier ein großes Gewicht. Die Berichterstattung "leistete einen Beitrag zu einer Diskussion von öffentlichem Interesse, denn das Alter eines Fußballprofis ist ein erhebliches Kriterium bei dessen Marktwert", führte das OLG weiter aus. Dass für eine zulässige identifizierende Verdachtsberichterstattung erforderliche Mindestmaß an Beweistatsachen habe hier zwar vorgelegen. Auch erfolge durch den Bericht keine unzulässige Vorverurteilung. Der Vorrang des Informationsinteresses bestehe aber darüber hinaus nur, wenn dem Betroffenen vorab ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wurde. Daran fehle es hier.

Die Möglichkeit zur Stellungnahme habe unter anderem den Zweck, "dass der Autor seine Recherchen und Ergebnisse kritisch hinterfragt und gegebenenfalls Nachermittlungen anstellen kann", führt das OLG aus. Der Betroffene sei mit dem wesentlichen Kern der Vorwürfe, Anknüpfungstatsachen und Argumente zu konfrontieren. Werde wesentlich auf ein vermeintliches Indiz abgestellt, müsse auch dazu die Sichtweise des Betroffenen eingeholt werden. Die Presse stütze hier ihren Verdacht unter anderem auf eigene Recherchen, insbesondere Gespräche mit angeblichen Angehörigen. Aus diesen leite sie wesentliche Anhaltspunkte für den geäußerten Verdacht her. Sie hätte Moukoko deshalb auch hierzu die Möglichkeit zur Stellungnahme einräumen müssen. Das Benennen des Kernverdachts allein habe nicht ausgereicht. Da die Konfrontation mit den Vorwürfen inhaltlich unzureichend gewesen sei, habe die "konkrete Berichterstattung in einem für den durchschnittlichen Leser wesentlichen Punkt anders ausfallen (können), wenn eine Stellungnahme des Verfügungsklägers eingeholt und berücksichtigt worden wäre", begründet das OLG die Stattgabe der Unterlassungsanträge weiter.

Die im Eilverfahren ergangene Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 08.05.2024, 16 U 33/23, unanfechtbar

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