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Vakanz und laufendes Übernahmeangebot: Gerichtliche Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern

17.01.2022

In dringenden Fällen ist ein Aufsichtsrat auch vor Ablauf der Drei-Monatsfrist auf die satzungsmäßig vorgesehene Zahl durch gerichtliche Bestellung zu ergänzen. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hat deshalb im Hinblick auf ein laufendes Übernahmeangebot der betroffenen Bank drei Aufsichtsratsmitglieder, befristet bis zur nächsten ordentlichen Hauptversammlung, bestellt.

Auf der außerordentlichen Hauptversammlung der in Wiesbaden ansässigen börsennotierten Bank sind Anfang Dezember 2021 drei Mitglieder des drittelparitätisch mitbestimmten Aufsichtsrats abgewählt worden. Der von einer Minderheitsaktionärin vorgeschlagenen Neuwahl von drei Aufsichtsratsmitglieder wurde nicht zugestimmt. Der Aufsichtsrat besteht damit gegenwärtig statt der satzungsmäßig vorgesehenen zwölf Personen nur aus neun. Der Aufsichtsratsvorsitzende hatte deshalb beim Amtsgericht (AG) Wiesbaden die gerichtliche Bestellung von drei konkret benannten Nachfolgern für die abgewählten Aufsichtsräte – befristet bis zur nächsten Hauptversammlung – beantragt. Die Minderheitsaktionärin hatte die gerichtliche Bestellung drei anderer Personen beantragt.

Das AG Wiesbaden hatte beide Anträge zurückgewiesen, da kein dringender Fall vorliege. Auf die hiergegen eingelegten Beschwerden hat das OLG nunmehr die drei vom Aufsichtsratsvorsitzenden vorgeschlagenen Aufsichtsräte bis zur nächsten ordentlichen Hauptversammlung als Aufsichtsratsmitglieder bestellt. Der Aufsichtsrat der Bank sei schon vor Ablauf der Drei-Monatsfrist auf die durch die Satzung festgesetzte Zahl zu ergänzen, da ein dringender Fall vorliege. Im Hinblick auf ein Übernahmeangebot sei es von entscheidender Bedeutung für die Bank, dass der Aufsichtsrat nicht nur beschlussfähig, sondern auch vollständig besetzt sei. Eine Übernahmesituation stelle typischerweise einen dringenden Fall dar.

Die vom OLG nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffende Auswahl der Personen für die vakanten Aufsichtsratsämter habe sich an den Interessen der Bank zu orientieren. Der Vorschlag des Aufsichtsratsvorsitzenden, den die verbliebenen neun Aufsichtsratsmitglieder teilten, habe insoweit entscheidendes Gewicht. Demgegenüber seien die von der Minderheitsaktionärin benannten drei Personen gerade nicht von der Hauptversammlung gewählt worden.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Entscheidung vom 13.01.2022, 20 W 5/22, 20 W 9/22, unanfechtbar

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