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Unternehmen: Bundesregierung beschließt neues Sanktionsrecht
Die Bundesregierung hat am 16.06.2020 den von der Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) vorgelegten Entwurf des Gesetzes zur Stärkung der Integrität in der Wirtschaft beschlossen.
Nach dem Gesetzentwurf soll der Sanktionsrahmen (Ahndungsteil), der bislang maximal zehn Millionen Euro umfasste, angehoben werden. Für große Wirtschaftsunternehmen mit mehr als 100 Millionen Euro Jahresumsatz sollen die Sanktionen wie im Kartellrecht bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes betragen können. Für Unternehmen mit weniger als 100 Millionen Euro Jahresumsatz soll es bei Sanktionen von höchstens zehn Millionen Euro bei vorsätzlichen Straftaten und höchstens fünf Millionen Euro bei fahrlässig begangenen Straftaten bleiben.
Künftig soll der Staat das strafbar Erlangte einziehen und Betroffene entschädigen können. Dies soll insbesondere bei massenhaften Betrugstaten, bei denen einzelne einen relativ geringen Schaden haben, den sie nicht selbst einklagen wollen, eine Erleichterung für Verbraucher bringen.
Unternehmen sollen künftig Beschuldigtenrechte haben, wie das Recht zu Schweigen für den gesetzlichen Vertreter des Unternehmens, aber auch die Rechte auf rechtliches Gehör, zur Stellung von Beweisanträgen, zur Benennung von Zeugen und zur Einlegung von Rechtsbehelfen.
Außerdem soll es einen klaren Rechtsrahmen für unternehmensinterne Untersuchungen geben. Bislang nicht geregelt ist vor allem, ob und wie diese Untersuchungen im Strafverfahren gegen das Unternehmen verwendet werden können.
Nach geltendem Arbeits- und Dienstrecht ist unklar, inwieweit eine Aussageverpflichtung des Arbeitnehmers bei unternehmensinternen Untersuchungen besteht. Der Gesetzentwurf sieht ein Anreizmodell vor: Sanktionsmilderungen sind nur möglich, wenn die Mitarbeiterbefragungen fair und transparent erfolgt sind. Beschäftigte dürfen bei Befragungen nicht beeinflusst oder unter Druck gesetzt werden. Beschäftigte müssen vor ihrer Aussage darauf hingewiesen werden, dass Auskünfte in einem Strafverfahren gegen sie verwendet werden können. Beschäftigten muss das Recht eingeräumt werden, einen anwaltlichen Beistand oder ein Mitglied des Betriebsrats hinzuzuziehen. Ihnen muss das Recht eingeräumt werden, die Auskunft auf solche Fragen zu verweigern, die sie der Gefahr aussetzen würden, sich selbst oder einen Angehörigen zu belasten.
Die Neuregelungen sollen Rechtssicherheit für alle Beteiligten schaffen, insbesondere im Hinblick auf die Zulässigkeit von Durchsuchungen und Beschlagnahmen. Grundsätzlich soll gelten: Unterlagen aus unternehmensinternen Untersuchungen sollen beschlagnahmt und vor Gericht verwertet werden können. Unterlagen aus der Strafverteidigung des Unternehmens sollen nicht beschlagnahmt werden dürfen. Unternehmensinterne Untersuchungen und Strafverteidigung sollen zu trennen sein, wenn die Sanktionsmilderung greifen soll.
Mit dem Gesetzentwurf soll zudem sichergestellt werden, dass es nicht zu einer Privatisierung der Strafverfolgung kommt. Die Strafverfolgungsbehörden sollen verpflichtet bleiben, den Sachverhalt umfassend aufzuklären. Wenn das Unternehmen durch vollständige und glaubwürdige Informationen zur Aufklärung der Straftat beiträgt und umfassend mit der Staatsanwaltschaft kooperiert, soll es mit einer Sanktionsmilderung rechnen können.
Bundesjustizministerium, PM vom 16.06.2020