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Unbegleitete Probefahrten: Bergen Gefahr gutgläubigen Erwerbs des Kfz durch Dritten

24.10.2022

Wer einem Kaufinteressenten einen Pkw für eine unbegleitete Probefahrt überlässt, riskiert im schlimmsten Fall, dass der vermeintliche Interessent das Fahrzeug einer anderen Person wirksam verkauft und übereignet. Denn ein gutgläubiger Erwerb des Fahrzeugs durch einen Dritten ist möglich. Wie das Oberlandesgericht (OLG) Celle entschieden hat, steht es dem nicht entgegen, wenn der Verkäufer des Kfz (hier: ein Autohaus) vor der Probefahrt dafür gesorgt hat, dass das Auto geortet werden kann.

Ein Autohaus gab einem angeblichen Kaufinteressenten einen Audi Q5 für eine einstündige Probefahrt. Der Interessent, der falsche Personalien angegeben hatte, kehrte nicht zurück. Stattdessen inserierte er das Fahrzeug bei eBay und verkaufte es schließlich für 31.000 Euro in bar. Bei dem Verkauf übergab seine Frau dem Käufer gefälschte Fahrzeugpapiere. Der Käufer übergab das Fahrzeug zwei Wochen später der Polizei, die es dem Autohaus zurückgab. Dieses verkaufte es anschließend für 35.000 Euro. Der getäuschte Käufer verlangt diesen Erlös heraus.

Zu Recht, wie das OLG Celle entschied. Denn der Käufer habe das Eigentum wirksam von dem "Betrüger" erlangt. Zwar könne grundsätzlich nur der Eigentümer wirksam über eine Sache verfügen. Übergibt ein Nichtberechtigter die Kaufsache aber beim Verkauf an den Käufer, könne dieser auch dann Eigentümer werden, wenn die Sache tatsächlich nicht dem Verkäufer gehörte.

Ein solcher gutgläubiger Erwerb von einem Nichtberechtigten scheide zwar aus, wenn die Kaufsache dem wahren Eigentümer gestohlen wurde oder ihm sonst abhandengekommen ist, fährt das OLG fort. Hier habe das Autohaus den Wagen aber freiwillig für eine unbegleitete einstündige Probefahrt herausgegeben. Damit habe es den Besitz an dem Pkw freiwillig aufgegeben, auch wenn das Auto über eingebaute SIM-Karten geortet werden konnte. Diese Ortungsmöglichkeit habe einer Begleitung bei der Probefahrt schon deshalb nicht gleichgestanden, weil eine Ortung nur mit erheblicher zeitlicher Verzögerung über die Polizei und den Hersteller möglich war. Sie habe einen gutgläubigen Erwerb des Wagens daher nicht ausgeschlossen.

Darüber hinaus scheide ein gutgläubiger Erwerb zwar auch dann aus, wenn der Käufer grob fahrlässig nicht erkannt hat, dass der Verkäufer nicht der Eigentümer war. Beim Kauf eines Kraftfahrzeugs müsse er sich zumindest den Kraftfahrzeugbrief beziehungsweise die Zulassungsbescheinigung Teil II vorlegen lassen, um die Berechtigung des Veräußerers zu prüfen. Die Zulassungsbescheinigung sei hier aber so professionell gefälscht gewesen, dass der Käufer die Fälschung nicht erkennen musste. Der Verkauf eines gebrauchten Pkw auf der Straße gegen Bargeld ist nach Auffassung des OLG auch nicht unüblich und musste keinen Verdacht erwecken, zumal der Kaufpreis nicht auffallend günstig war. Dass der Verkäufer den Zweitschlüssel nicht mit übergeben konnte, habe er nachvollziehbar damit erklärt, dass sich der Käufer erheblich verspätet hatte, er selbst nicht habe warten können und vergessen habe, seiner Frau den Zweitschlüssel zu geben.

Das Urteil kann noch mit der Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesgerichtshof angegriffen werden.

Oberlandesgericht Celle, Urteil vom 12.10.2022, 7 U 974/21, nicht rechtskräftig

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