Mitglied werden
Suche
Vor Ort
Presse
Menü

Veränderung pro Sekunde

Login
Menü schließen

Menü schließen

Sie sind hier:  Startseite  Bayern  Newsticker-Archiv    Überschwenken eines Baukrans: Erfordert ...

Überschwenken eines Baukrans: Erfordert vorherige Anzeige gegenüber Nachbarn

13.09.2022

Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart hat den Unterlassungsanspruch eines durch einen über sein Grundstück schwenkenden Kranarm beeinträchtigten Nachbarn bestätigt und erweitert. Entscheidend war, dass die Bauherren das Benutzen des Nachbargrundstücks durch Überschwenken des Kranes nicht (rechtzeitig) angezeigt hatten.

Die Eigentümer zweier benachbarter Grundstücke gerieten über den Abbruch und die Neubebauung des Grundstücks der Beklagten in Streit. Nach Erhalt der Baugenehmigung für zwei Doppelhäuser und vier Garagen hatten die Beklagten Ende 2021 einen 18 Meter hohen Turmdrehkran mit circa 28 Meter langem Ausleger auf der Grundstücksgrenze aufgestellt. Der Ausleger überschwenkte ohne Vorankündigung mehrfach und für längere Zeit im Frühjahr 2022 – mit und ohne Last – den Luftraum über dem klägerischen Grundstück. In einem Fall blieb der Kran mit schweren Betonfertigteilen an der Oberleitung hängen, die auch das klägerische Grundstück mit Strom versorgte. Dadurch wurde unter anderem das Dachgeschoss des Hauses des Klägers erschüttert.

Der Kläger beantragte daher im erstinstanzlichen einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem Landgericht (LG) Heilbronn das unverzügliche Unterlassen des Überschwenkens seines Grundstücks mit dem Kran. Das LG bejahte einen Unterlassungsanspruch, jedoch nur im Fall eines Überschwenkens mit Lasten. Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers, der seinen Antrag auf Unterlassung auch eines lastenfreien Schwenkens des Kranarms beim OLG weiterverfolgte.

Das OLG sah die Berufung als begründet an und untersagte den beiden Beklagten das Schwenken oder Schwenkenlassen des Baukrans über dem Grundstück des Klägers in jedem Fall bei Androhung eines Ordnungsgeldes für jeden Fall der Zuwiderhandlung.

Die Beklagten hätten das in § 7d Absatz 2 Nachbarrechtsgesetz Baden-Württemberg (NRG BW) auch für das Einschwenken eines Baukrans in den nachbarlichen Luftraum vorgesehene Verfahren nicht eingehalten. Daher könnten sich die Bauherren nicht auf das so genannte Hammerschlags- und Leiterrecht nach § 7d NRG BW und eine entsprechende Duldungspflicht des Klägers berufen. Nach den gesetzlichen Vorgaben hätten die Bauherren das Benutzen des Nachbargrundstücks durch Überschwenken des Kranes – mit oder ohne Lasten – zwei Wochen vor der Benutzung anzeigen müssen, was unstreitig nicht erfolgt war. Hätte der Kläger dem Überschwenken dann nicht zugestimmt, so hätten die Beklagten erst Duldungsklage erheben müssen und auch dann nicht ihr vermeintliches Recht im Wege der Selbsthilfe durchsetzen können.

Die Entscheidung des OLG im einstweiligen Verfügungsverfahren ist rechtskräftig. Allerdings können die Beklagten noch in einem Hauptsacheverfahren gerichtlich klären lassen, ob ihnen nach § 7d NRG BW ein Duldungsanspruch auf Überschwenken des Kranes gegen den Kläger zusteht.

Oberlandesgericht Stuttgart, Urteil vom 31.08.2022, 4 U 74/22, rechtskräftig

Mit Freunden teilen