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Tübingen: Darf Verpackungssteuer erheben

30.05.2023

Die Tübinger Verpackungssteuer ist im Wesentlichen rechtmäßig. Das hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) entschieden.

Seit Januar 2022 gilt in Tübingen materialunabhängig eine Steuer auf Einwegverpackungen. Damit sollen Einnahmen für den städtischen Haushalt erzielt, die Verunreinigung des Stadtbilds durch im öffentlichen Raum entsorgte Verpackungen verringert und ein Anreiz zur Verwendung von Mehrwegsystemen gesetzt werden. Besteuert werden Einwegverpackungen, -geschirr und -besteck, "sofern Speisen und Getränke darin beziehungsweise damit für den unmittelbaren Verzehr an Ort und Stelle oder als mitnehmbares take-away-Gericht oder -Getränk verkauft werden". Die Steuer beträgt für jede Einwegverpackung 0,50 Euro, für jedes Einwegbesteck(-set) 0,20 Euro. Der Steuersatz pro Einzelmahlzeit ist auf maximal 1,50 Euro begrenzt.

Die Antragstellerin, Inhaberin eines Schnellrestaurants im Stadtgebiet der Antragsgegnerin, stellte gegen die Satzung einen Normenkontrollantrag, der vor dem Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg Erfolg hatte. Der VGH erklärte die Satzung insgesamt für unwirksam und begründete dies mit der fehlenden Örtlichkeit der Steuer, ihrer Unvereinbarkeit mit dem Bundesabfallrecht sowie der mangelnden Vollzugstauglichkeit der Obergrenze der Besteuerung.

Auf die Revision der Antragsgegnerin hat das BVerwG die kommunale Steuer für überwiegend rechtmäßig erklärt. Entgegen der Ansicht der Vorinstanz handele es sich bei der Verpackungssteuer um eine örtliche Verbrauchsteuer im Sinne des Artikels 105 Absatz 2a Satz 1 Grundgesetz, für deren Einführung die Stadt Tübingen zuständig war. Bei den zum unmittelbaren Verzehr, sei es an Ort und Stelle oder als "take-away", verkauften Speisen und Getränken sei der Steuertatbestand so begrenzt, dass ihr Konsum – und damit der Verbrauch der zugehörigen Verpackungen – bei typisierender Betrachtung innerhalb des Gemeindegebiets stattfindet. Damit sei der örtliche Charakter der Steuer hinreichend gewahrt.

Die kommunale Verpackungssteuer stehe als Lenkungssteuer auch nicht im Widerspruch zum Abfallrecht des Bundes. Sie bezwecke die Vermeidung von Verpackungsabfall im Stadtgebiet und verfolge damit auf lokaler Ebene kein gegenläufiges, sondern dasselbe Ziel wie der Unions- und der Bundesgesetzgeber. Die Abfallvermeidung stehe in der Abfallhierarchie an oberster Stelle, wie sich aus der EU-Verpackungsrichtlinie, der EU-Einwegkunststoffrichtlinie, dem Kreislaufwirtschaftsgesetz und dem Verpackungsgesetz ergibt; erst danach folgten Wiederverwendung, Verwertung und Beseitigung des Abfalls.

Kommunale Steuern, die Einwegverpackungen verteuern, würden durch die verschiedenen unions- und bundesrechtlichen Vorgaben zum Abfallrecht nicht ausgeschlossen. Soweit das Bundesverfassungsgericht vor 25 Jahren seine gegenteilige Ansicht zur damaligen Kasseler Verpackungssteuer auf ein abfallrechtliches "Kooperationsprinzip" gestützt hat (Urteil vom 07.05.1998, 2 BvR 1991/95 und andere), lasse sich ein solches dem heutigen Abfallrecht nur noch in – hier nicht maßgeblichen – Ansätzen entnehmen.

Zwar erwiesen sich die zu unbestimmte Obergrenze der Besteuerung von 1,50 Euro pro "Einzelmahlzeit" (§ 4 Absatz 2 der Satzung) und das der Stadtverwaltung ohne zeitliche Begrenzung gewährte Betretungsrecht im Rahmen der Steueraufsicht (§ 8 der Satzung) als rechtswidrig. Diese punktuellen Verstöße ließen jedoch die Rechtmäßigkeit der Satzung im Übrigen unberührt, so das BVerwG.

Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 24.05.2023, BVerwG 9 CN 1.22

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