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Trotz abweichender Kennzeichnung: Kein Vertrieb nachgeahmter "Plastikuhren"
Der Vertrieb einer nachgeahmten "Plastikuhr" (hier: der Marke Swatch) kann trotz markenähnlicher Kennzeichnung wettbewerbswidrig sein. Denn es könne zu einer mittelbaren Herkunftstäuschung kommen, wenn dem Verkehr bekannt sei, dass etwa für Mode- und Sportartikelhersteller Uhren in Lizenz hergestellt werden und Kooperationen mit Künstlern im Uhrenmarkt nicht unüblich sind, so das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main.
Die Klägerin vertreibt seit 1983 aus Kunststoff hergestellte Uhren. Die streitgegenständliche Modellserie wird in verschiedenen Designvarianten vertrieben, wobei die Klägerin hinsichtlich der farblichen Gestaltung der Uhren auch mit zeitgenössischen Künstlern zusammenarbeitet. Ihre Uhren sind ab einem Preis von 63 Euro erhältlich. Die Beklagte bot über Amazon Plastikarmbanduhren in unterschiedlichen Farben mit im Ziffernblatt aufgedruckten – von den klägerischen Bezeichnungen abweichenden – Kennzeichnungen zu Preisen zwischen 12,48 Euro und 13,67 Euro an.
Das Landgericht hatte die Klage auf Unterlassen des Anbietens der in der Berufung gegenständlichen Uhrenmodelle abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin hatte vor dem OLG Erfolg. Der Vertrieb der Uhren stelle eine unlautere Nachahmung der klägerischen Uhrenmodelle dar, begründete das OLG seine Entscheidung. Dem Uhrenmodell der Klägerin komme eine gesteigerte wettbewerbliche Eigenart zu. Es handele sich um "eine sehr reduzierte Uhrenserie zu einem vergleichsweise günstigen Preis aus einem damals für Uhren ungewöhnlichen Material ... nämlich Plastik". Aufgrund der hohen Bekanntheit des Produktes sei hier von einem gesteigerten Grad an Eigenheit auszugehen. Diese wettbewerbliche Eigenart werde nicht durch "wahllos" von der Beklagten herangezogene andere "Plastikuhren" in Frage gestellt, die mit dem klägerischen Modell außer dem Material nicht viel Gemeinsames hätten.
Die Beklagte habe das klägerische Modell auch nachgeahmt. Nahezu sämtliche die Eigenart begründenden Merkmale seien von ihr übernommen worden.
Die im Ziffernblatt vorhandene abweichende Kennzeichnung schließe zwar eine unmittelbare Herkunftstäuschung aus. Es liege aber eine so genannte mittelbare Herkunftstäuschung vor. Auf dem Uhrenmarkt sei es üblich, dass mit Zweitmarken operiert werde. Verbreitet würden auch Uhren über Lizenzverträge für bekannte Mode- und Sportartikellabel hergestellt. Der Verkehr nehme deshalb hier hinsichtlich der abweichenden Kennzeichnung der Uhren der Beklagten an, dass eine lizenzrechtliche Beziehung zur Klägerin bestehe oder eine Zweitmarke vorliege.
Die Beklagte beute zudem den guten Ruf der Klägerin aus. Dabei komme es nicht darauf an, dass es sich hier nicht um eine Luxus-Uhr handele. Auch niedrigpreisige Produkte könnten einer Rufausbeutung unterliegen, wenn der Verkehr ihnen eine besondere Wertschätzung entgegenbringe. Die "Plastikuhren" des streitgegenständlichen Modells genössen einen außerordentlichen Ruf. "Sie sind", so das OLG, "das Synonym für die Produktgruppe der `Plastikuhren`, die die Klägerin erstmals großflächig auf den Markt gebracht hat". An dieses positive Image habe sich die Beklagte ohne Grund in so starkem Maße angelehnt, dass sie "unlauter an der von der Klägerin durch eigene langjährige Anstrengungen am Markt erworbenen Wertschätzung profitiert", stellt das OLG fest.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Die Beklagte kann mit der Nichtzulassungsbeschwerde die Zulassung der Revision beim Bundesgerichtshof begehren.
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 17.02.2022, 6 U 202/20, nicht rechtskräftig