Mitglied werden
Suche
Vor Ort
Presse
Menü

Veränderung pro Sekunde

Login
Menü schließen

Menü schließen

Sie sind hier:  Startseite  Bayern  Newsticker-Archiv    Testzertifikat: Online-Angebot für Selbs...

Testzertifikat: Online-Angebot für Selbsttests ohne Arztkontakt untersagt

15.12.2021

Das Landgericht (LG) Hamburg hat es einem Hamburger Unternehmen ohne mündliche Verhandlung vorläufig untersagt, für die Ausstellung von Selbsttestzertifikaten zu werben oder Testzertifikate auszustellen, sofern der Test nicht von dem ausstellenden Arzt vorgenommen und überwacht wird. Dies meldet die Wettbewerbszentrale.

Das Hamburger Unternehmen hatte laut Wettbewerbszentrale auf seiner Internetseite für ein Selbsttest-Zertifikat "für freien Zugang für alle zu Restaurant, Arbeit, Bus & Bahn etc." geworben. Die Zertifikate sollen laut Werbung überall dort eingesetzt werden können, wo die 3G oder 2G+-Regel gilt. In drei Schritten solle man zum Testzertifikat gelangen: Durch einen Selbsttest, die Beantwortung eines Fragebogens und die kurz danach erfolgende Übersendung des Testzertifikates als pdf-Datei.

Nachdem bei der Wettbewerbszentrale etliche Beschwerden und Anfragen zu diesem Angebot eingegangen waren, habe sie probeweise die Bestellung eines Testzertifikats durchgeführt. Dabei sei das mitgeteilte Testergebnis nicht kontrolliert oder angefordert worden. Trotzdem sei von einer Ärztin das Testzertifikat für das Ergebnis eines Selbsttests ausgestellt worden. Obwohl kein Kontakt mit der Ärztin stattgefunden hatte, habe diese auf dem Zertifikat bestätigt, dass die in dem Zertifikat genannte Person keine Symptome habe und nicht mit dem Coronavirus infiziert sei, da sie einen negativen Antigen-Test gemacht habe "unter meiner fachärztlichen Überwachung meiner Arztpraxis…".

Die Wettbewerbszentrale hat die Werbung als irreführend beanstandet. Es werde der unzutreffende Eindruck erweckt, es handele sich um ein rechtswirksames Testzertifikat, das überall dort, wo Testnachweise notwendig sind, vorgelegt werden könne. Die Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung sehe aber für einen gültigen Testnachweis vor, dass dieser von einem Leistungserbringer vorgenommen oder überwacht wurde. Die Ausstellung eines Testnachweises ohne jeglichen Arztkontakt entspricht diesen Vorgaben nach Auffassung der Wettbewerbszentrale nicht. Zudem hätten die Angaben auch inhaltlich nicht zugetroffen, weil der Test entgegen den Angaben weder in einer Arztpraxis noch unter fachärztlicher Aufsicht durchgeführt worden sei. Die Gegenseite habe argumentiert, die gesetzlich vorgeschriebene ärztliche Überwachung sei auch mittels eines Online-Fragebogens möglich.

Die Wettbewerbszentrale war bereits zuvor gegen die Werbung des Unternehmens für digital ausgestellte Krankschreibungen ohne Arztkontakt vorgegangen. Diese seien ebenfalls auf Bestellung erhältlich gewesen, indem der Interessent einen Fragebogen ausfüllte, dort unter anderem seine Symptome ankreuzte und angab, für wie lange er krankgeschrieben werden wollte. Ein "Privatarzt" habe dann die Bescheinigung ausgestellt. Die Wettbewerbszentrale habe das unter anderem als Verstoß gegen das Verbot der Werbung für Fernbehandlungen behandelt.

Das Landgericht Hamburg habe die Werbung bereits untersagt. Nun habe das OLG Hamburg die Berufung des Unternehmens zurückgewiesen (Hinweisbeschluss vom 01.10.2021 und Zurückweisungsbeschluss vom 19.10.2021, 3 U 148/20, nicht rechtskräftig). Ein solches Modell, wonach die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ohne persönlichen Kontakt zu Arzt ausgestellt wird, entspreche nach Auffassung der Richter nicht den ärztlichen fachlichen Standards. Deshalb dürfe dafür auch nicht geworben werden. Irreführend seien auch Aussagen wie "100% Akzeptanz bei Arbeitgebern und Krankenkassen". Eine ordnungsgemäße Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, wie sie für die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall notwendig sei, liege gerade nicht vor, betont die Wettbewerbszentrale.

Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, PM vom 14.12.2021

Mit Freunden teilen