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"Teakinvestment": Mann erhält Geld zurück

16.05.2024

Ein Mann kauft Teakbäume in Costa Rica und hofft auf eine satte Rendite. Doch nach etlichen Jahren überlegt er es sich anders und will die mit einem Schweizer Unternehmen geschlossenen Verträge rückgängig machen. Sein Glück: In den Verträgen fehlte die Widerrufsbelehrung. Deswegen habe er sich von den Verträgen noch lösen können, so der Bundesgerichtshof (BGH).

Das Schweizer Unternehmen hatte den Ankauf der Teakbäume auf seiner Homepage angeboten. Mit dem Verkauf des Holzes sollte nach Jahren eine Rendite erzielt werden – ganz dem Motto des Unternehmens "Teakinvestment – Das natürliche Kraftpaket für ihr Portfolio" getreu. Das Unternehmen bot seinen Kunden zusätzlich an, die erworbenen Bäume während der Laufzeit des Vertrages zu bewirtschaften, zu verwalten, zu schlagen, auszuforsten, zu ernten und zu verkaufen.

Ein in Deutschland wohnhafter Mann schlug zu und investierte insgesamt 81.200 Euro. Für diesen Preis erwarb er bei dem Schweizer Unternehmen 2010 und 2013 über Fernkommunikationsmittel 1.400 Bäume. Der erste "Kauf- und Dienstleistungsvertrag" sollte 17, der zweite 14 Jahre laufen. Den AGB zufolge sollte das Vertragswerk Schweizer Recht unterliegen und Streitigkeiten einzig der ordentlichen Gerichtsbarkeit am Sitz der Beklagten in der Schweiz unterstehen. Über etwaige Widerrufsrechte wurde der Kunde nicht belehrt.

Im August 2020 beschloss er, die Verträge rückabzuwickeln. Er klagte auf Rückzahlung der 81.200 Euro abzüglich geringer Beträge, die ihm das Unternehmen bereits als Erlöse für verkauftes Holz ausbezahlt hatte. Seine Klage hatte überwiegend Erfolg. Er muss lediglich die Rechte aus den Kauf- und Dienstleistungsverträgen rückübertragen.

Der BGH bejahte zunächst die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte. Da der Käufer als Verbraucher gehandelt und das Schweizer Unternehmen seine gewerbliche Tätigkeit auf Deutschland ausgerichtet habe, sei die in den AGB enthaltene Regelung über die ausschließliche Zuständigkeit der Schweizer Gerichte unwirksam. Die Verträge unterlägen auch dem materiellen deutschen Recht. Daran ändere die Rechtswahlklausel in den Verträgen nichts. Es gelte das gesetzlich verankerte Günstigkeitsprinzip.

Spätestens mit seiner Klage habe der Käufer auch den Widerruf der Verträge erklärt. Ihm habe auch ein Widerrufsrecht zugestanden, das nicht wegen des spekulativen Charakters des Geschäfts ausgeschlossen sei. Denn dieses habe nicht den Kern des Geschäfts ausgemacht, so der BGH. Es sei schließlich um eine langfristige Investition gegangen, der nur mittelbar spekulativer Charakter zukomme. Sein Widerrufsrecht habe der Mann auch wirksam ausgeübt. Insbesondere sei mangels ordnungsgemäßer Belehrung die Widerrufsfrist im Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht abgelaufen gewesen.

Das Widerrufsrecht sei auch nicht erloschen. Denn bei den Verträgen handele es sich um Finanzdienstleistungsverträge. Der Begriff der Finanzdienstleistung sei nicht einschränkend dahingehend auszulegen, dass eine Geldanlage nur vorliegt, wenn Anlageobjekt ausschließlich Finanzinstrumente sind. Er erstrecke sich vielmehr auch auf Dienstleistungen im Zusammenhang mit einer Geldanlage.

Ob dabei bereits der reine Verkauf von Sachgütern zum Zweck der Geldanlage als Finanzdienstleistung angesehen werden kann, bedürfe hier keiner Entscheidung. Denn die durch die "Kauf- und Dienstleistungsverträge" begründeten Pflichten des Unternehmens sowie die zugrunde liegende Interessenlage der Parteien unterschieden sich wesentlich von denjenigen eines reinen Verkaufs von Sachgütern und rechtfertigten die Qualifikation des Gesamtvertrags als Finanzdienstleistung.

Denn nach der Gesamtkonzeption des "Teakinvestments" bestehe die aus der Sicht des Verbrauchers wesentliche Leistung des Schweizer Unternehmens ersichtlich nicht in der für einen reinen Erwerb von Sachgütern charakteristischen Verschaffung des Eigentums an den Bäumen, sondern in den zur Realisierung einer Rendite aus dem Investment bei lebensnaher Betrachtung erforderlichen Dienstleistungen des Unternehmens, insbesondere der Verwertung der Bäume am Ende der Vertragslaufzeit. Zudem verfolge das Unternehmen als Anbieter des "Teakinvestments" mit der von ihm angestrebten Bündelung von Anlegerkapital und der jahrelangen Vertragslaufzeit ein Konzept, das über den reinen Verkauf von Sachgütern hinaus Parallelen beispielsweise zu einem Sachwertefonds aufweist.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 15.05.2024, VIII ZR 226/22

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