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Tarifvertragliche Inflationsausgleichsprämie: Kein Ausschluss von Arbeitnehmern in der Passivphase ihrer Altersteilzeit
Der im Tarifvertrag für energie- und wasserwirtschaftliche Unternehmungen geregelte Ausschluss von Arbeitnehmern, die sich in der Passivphase ihrer Altersteilzeit befinden, vom Bezug einer Inflationsausgleichsprämie ist unwirksam. So das Bundesarbeitsgericht (BAG).
Der Kläger ist Arbeitnehmer eines Unternehmens der Energiewirtschaft. Er vereinbarte Altersteilzeit im Blockmodell mit Beginn der Passivphase am 01.05.2022.
Der Arbeitgeberverband energie- und wasserwirtschaftlicher Unternehmungen einigte sich mit den Gewerkschaften 2023 tarifvertraglich auf die Gewährung einer Inflationsausgleichsprämie, die unabhängig vom individuellen Beschäftigungsgrad 3.000 Euro beträgt. Festgelegt war, dass es sich um eine Beihilfe beziehungsweise Unterstützung des Arbeitgebers zur Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise handelt. Von der Zahlung sind gemäß § 1 Absatz 2 Satz 3 TV IAP unter anderem Arbeitnehmer ausgeschlossen, die sich am 31.05.2023 in der Passivphase der Altersteilzeit oder im Vorruhestand befanden.
Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Inflationsausgleichsprämie. Er meint, der Anspruchsausschluss von Arbeitnehmern in der Passivphase der Altersteilzeit stelle eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung wegen der Teilzeit dar. Die Inflationsausgleichsprämie werde ausschließlich als Leistung zur Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise gezahlt und verfolge daneben keinen arbeitsleistungsbezogenen Zweck.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision des Klägers hatte vor dem BAG Erfolg: Die Beklagte sei zur Zahlung der streitgegenständlichen Prämie verpflichtet.
Der Ausschluss von Arbeitnehmern in der Passivphase der Altersteilzeit verstoße gegen § 4 Absatz 1 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG). Danach dürfe ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer wegen der Teilzeitarbeit nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer, es sei denn, sachliche Gründe rechtfertigten dies. Einem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer sei Arbeitsentgelt oder eine andere teilbare geldwerte Leistung mindestens in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil seiner Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers entspricht.
Eine Schlechterstellung von Teilzeitbeschäftigten könne sachlich gerechtfertigt sein, wenn sich ihr Grund aus dem Verhältnis von Leistungszweck und Umfang der Teilzeitarbeit herleiten lässt. In der Bestimmung des Leistungszwecks sind die Tarifvertragsparteien laut BAG dabei gemäß Artikel 9 Absatz 3 Grundgesetz weitgehend frei. Hier aber hätten sie ihre durch § 4 Absatz 1 TzBfG begrenzte Rechtsetzungsbefugnis überschritten.
Ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern aufgrund der Freistellung in der Altersteilzeit gegenüber vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten lasse sich aus den erkennbaren Leistungszwecken und dem Umfang der Teilzeitarbeit nicht herleiten, so das BAG. Die Ausgestaltung der Anspruchsvoraussetzungen stehe der Annahme entgegen, dass es sich bei der Inflationsausgleichsprämie auch um eine Gegenleistung für erbrachte Arbeit handelt. Auch in Bezug auf die vergangene Betriebstreue seien keine Aspekte ersichtlich, die die Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten. Von einer zukünftigen Betriebstreue hätten die Tarifvertragsparteien den Anspruch nicht abhängig gemacht. Unterschiede für einen unterschiedlichen Bedarf aufgrund der gestiegenen Verbraucherpreise zwischen Vollzeitbeschäftigten und Teilzeitbeschäftigten, die sich in der Freistellungsphase der Altersteilzeit befinden, seien nicht erkennbar.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 12.11.2024, 9 AZR 71/24