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Sturz nach Reinigungsarbeiten im Supermarkt: Supermarktbetreiber haftet
Die Klage einer Supermarktkundin auf Schadenersatz nach einem Sturz war teilweise erfolgreich, weil der Supermarktbetreiber bei Reinigungsarbeiten keine Sicherungsmaßnahmen ergriffen und hierdurch seine Verkehrssicherungspflicht verletzt hatte. Das Landgericht (LG) Coburg gab der Klage auf Zahlung eines Schmerzensgeldes statt.
Die Klägerin war in der Lebensmittelfiliale der Beklagten nach einem Einkauf kurz vor Geschäftsschluss zwischen dem Kassenbereich und der Ausgangstür gestürzt und hatte sich hierbei verletzt. Kurz vor dem Sturz hatte ein Mitarbeiter der Beklagten den Boden dort mit einer Reinigungsmaschine gesäubert. Weil sie auf einem unsichtbaren, schmierigen Film gestürzt sei, der von den Reinigungsarbeiten stamme, verlangte die Klägerin Schmerzensgeld und anderen Schadenersatz.
Der beklagte Supermarktbetreiber behauptete, die Klägerin sei in Eile gewesen und deswegen gestürzt. Die Reinigungsarbeiten seien schon circa zehn Minuten vorher und ordnungsgemäß durchgeführt worden. Der trittsichere und auch rutschhemmende Bodenbelag sei deshalb höchstens noch leicht feucht gewesen. Eine vollständige Abtrocknung des Bodens unmittelbar nach der Reinigung sei technisch gar nicht möglich. Der Sturz der Klägerin sei deshalb allgemeines Lebensrisiko. Außerdem habe die Klägerin die Reinigungsarbeiten auch wahrgenommen und sei deshalb selbst für den Sturz verantwortlich.
Das LG Coburg war dagegen davon überzeugt, dass die Klägerin aufgrund einer Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten stürzte. Der als Zeuge vernommene Mitarbeiter der Beklagten, der die Reinigungsmaschine bedient hatte, bestätigte, dass die Klägerin unmittelbar nach den Reinigungsarbeiten gestürzt war. Ein Sachverständiger gab an, dass auch bei vorschriftsmäßiger Bedienung der Reinigungsmaschine auf dem Boden jedenfalls für kurze Zeit Feuchtigkeit zurückbleibt und die Rutschgefahr deshalb erhöht ist. Die Situation sei vergleichbar mit derjenigen, wenn aufgrund schlechten Wetters Feuchtigkeit in den Eingangsbereich hineingetragen wird.
Nach Ansicht des LG Coburg war die Beklagte deshalb verpflichtet, ihre Besucher vor dieser Rutschgefahr zu schützen, beispielsweise durch das Zurückstellen der Reinigungsarbeiten bis nach Geschäftsschluss, das kurzzeitige Sperren des betroffenen Bereichs oder das Aufstellen von Warnschildern. All das sei der Beklagten leicht möglich, zumal im betroffenen Supermarkt seit dem Sturz der Klägerin auch tatsächlich Warnschilder aufgestellt werden.
Demgegenüber habe die Klägerin nicht mit der Feuchtigkeit auf dem Boden rechnen müssen. Selbst wenn sie die Reinigungsarbeiten wahrgenommen hätte, könne nicht davon ausgegangen werden, dass ihr die Funktionsweise der verwendeten Reinigungsmaschine auch bekannt sein musste.
Den Einwand der Beklagten, die Klägerin sei in Eile gewesen und möglicherweise vor dem Sturz gestolpert oder umgeknickt, ließ das Gericht nicht gelten. Weil sich nach der Aussage des Mitarbeiters der Beklagten der Sturz unmittelbar nach Durchführung der Reinigungsmaschine ereignete und auch die Klägerin erklärt hatte, "aus heiterem Himmel" gestürzt zu sein, sei der Klägerin der so genannte Beweis des ersten Anscheins zugute gekommen.
Das Gericht verurteilte die Beklagte zur Zahlung eines Schmerzensgeldes. Ein Mitverschulden der Klägerin nahm es nicht an. Hinsichtlich der weiter geltend gemachten Schadenspositionen hat das LG die Klage abgewiesen, hauptsächlich weil die Klägerin hierzu keine ausreichenden Angaben gemacht hatte.
Landgericht Coburg, Urteil vom 16.07.2020, 24 O 76/18, rechtskräftig