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Steuernachzahlung: Zinsen ab 2019 ausgesetzt

07.10.2021

Die hohen Zinsen von sechs Prozent im Jahr für Steuernachzahlungen und -erstattungen sind seit 2014 verfassungswidrig. Dies hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) im Sommer 2021 entschieden. Nun hat sich das Bundesfinanzministerium (BMF) mit einem Schreiben vom 17.09.2021 zur Auslegung des Urteils geäußert. Hierauf weist der Bund der Steuerzahler e.V. (BdSt) hin.

Für Steuernachforderungen verlange das Finanzamt eine Verzinsung von 0,5 Prozent pro Monat (sechs Prozent pro Jahr) auf die Steuern, die nachträglich zu entrichten sind, erläutert der BdSt. Aber auch im umgekehrten Fall, wenn also das Finanzamt zu viel gezahlte Steuer erstatten muss, würden Zinsen fällig. Die Zinsen fielen erst dann an, wenn sich die Festsetzung der Steuer um mehr als 15 Monate nach Ablauf des betreffenden Jahres verzögert, wenn also ein Teil der Steuern erst im Nachhinein entrichtet werden kann beziehungsweise die zu viel gezahlten Steuern zu lange beim Fiskus liegen. Für die Jahre 2019 und 2020 gelte aufgrund von Corona eine längere zinsfreie Karenzzeit. Der Steuerzins werde auch dann fällig, wenn der Steuerzahler die Verzögerung der Steuerfestsetzung nicht verschuldet hat – also auch dann, wenn das Finanzamt "trödelt". Weil der Zins von sechs Prozent im Verhältnis zu den Zinsen, die aktuell am Kapitalmarkt zu erzielen sind, sehr hoch ist, sei die Höhe des Zinssatzes Gegenstand diverser gerichtlicher Auseinandersetzungen gewesen, so der BdSt.

Das BVerfG habe dazu im Sommer 2021 entschieden, dass die Regelung zu den Zinsen ab Januar 2014 verfassungswidrig ist, weil der Zins seitdem nicht mehr marktüblich sei. Allerdings sei das bisherige Recht für Verzinsungszeiträume, die bis ins Jahr 2018 fallen, weiter anwendbar, so die Richter. Der Gesetzgeber sei verpflichtet, bis zum 31.07.2022 eine verfassungsgemäße Neuregelung für die Zinszeiträume ab Januar 2019 zu treffen. Die Neuregelung sei dann auf alle noch nicht bestandskräftigen Zinsfälle anzuwenden, so das Urteil.

Grundsätzlich sei das Urteil für die Steuerzahler wichtig, betont der BdSt. Es habe "eine riesige Breitenwirkung". Das gehe auch aus dem BMF-Schreiben hervor. Denn alle Bescheide, die Zinszeiträume ab 2019 betreffen und noch nicht bestandskräftig sind, müssten geändert werden. Der BdSt habe sich frühzeitig dafür eingesetzt, dass sämtliche Steuerbescheide hinsichtlich der Verzinsung vorläufig ergehen und damit nicht bestandskräftig werden. Seit 2019 folgten die Finanzämter dieser Forderung. Das zahle sich nun aus, zeigt sich der BdSt zufrieden: Betroffene Steuerzahler hätten keinen Einspruch gegen ihren Zinsbescheid einlegen müssen und müssten auch jetzt nicht aktiv werden. Die Finanzämter müssten die Zinsen selbst korrigieren, sobald ein neuer, niedrigerer Zinssatz vom Gesetzgeber festgelegt wird.

Auf Zinsbescheide, die sich auf Verzinsungszeiträume vor 2019 beziehen, habe das Urteil aber keine Auswirkungen, so der BdSt weiter: Unabhängig davon, ob gegen die Bescheide Einspruch eingelegt wurde oder diese aus anderen Gründen noch nicht bestandskräftig sind, müssten sie vom Finanzamt nicht korrigiert werden.

Aktuell würden von den Finanzämtern sämtliche erstmalige Festsetzungen von Nachzahlungs- und Erstattungszinsen, die Zinszeiträume ab 2019 betreffen, ausgesetzt, bis ein neuer Zinssatz vom Gesetzgeber bestimmt wird. Es dürften keine Zinsen mit 0,5 Prozent pro Monat mehr berechnet werden. Nach einer Neuregelung durch den Gesetzgeber würden die Änderungen durchgeführt. Dies könne zu Erstattungen, aber gegebenenfalls auch zu Rückforderungen führen. Für den Zinseitraum vor 2019 dürfe das Finanzamt aber auch künftig noch mit dem hohen Zinssatz von sechs Prozent pro Jahr rechnen.

Ausdrücklich nicht erfasst vom Urteil sind laut BdSt andere Zinsen, insbesondere Stundungszinsen, Hinterziehungszinsen, Prozesszinsen auf Erstattungsbeträge und Aussetzungszinsen.

Bund der Steuerzahler e.V., PM vom 05.10.2021

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