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Steuergesetze: Können Rückwirkung entfalten

17.01.2024

Steuergesetze können Rückwirkung entfalten – eine inländische Besteuerung von Abfindungszahlungen ist seit 2017 auch dann möglich, wenn der Wohnsitz ins EU- Ausland verlagert wurde.

Nach § 50d Absatz 12 S. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) hat Deutschland für nachträglich ausgezahlte Abfindungen das Besteuerungsrecht, auch wenn der Wohnsitz des Abfindungsempfängers nicht mehr im Inland ist. Dies gilt selbst dann, wenn die vertragliche Vereinbarung der Abfindung bereits vor Geltung der gesetzlichen Regelung erfolgte. Ein Verstoß gegen EU-Recht oder Verfassungsrecht liegt darin nicht. Dies hat das Hessische Finanzgericht (FG) entschieden.

Geklagt hatte eine Arbeitnehmerin, die ihr Arbeitsverhältnis einvernehmlich mit dem Arbeitgeber im Jahr 2016 beendet und als Ausgleich eine Abfindung vereinbart hatte. Die Abfindung wurde auf Wunsch der Klägerin jedoch erst im Folgejahr zur Auszahlung gebracht. Zu diesem Zeitpunkt war die Klägerin bereits nach Malta verzogen. Das beklagte Finanzamt setzte die Einkommensteuer für 2017 unter Berücksichtigung des geänderten Wohnsitzes, aber unter Einbeziehung der gezahlten Abfindung fest. Die Klägerin meinte hingegen, dass eine Besteuerung in Deutschland unzulässig sei, da die Regelung des § 50d Absatz 12 S. 1 EStG zum Zeitpunkt der Abfindungsvereinbarung und ihres Wegzugs nach Malta weder existiert habe noch absehbar gewesen sei und ihr daher Vertrauensschutz zukomme. Sie habe nicht mit einer Gesetzesverschärfung rechnen müssen, sodass eine Rückwirkung vorliege, die im Steuerrecht generell unzulässig sei.

Das FG Hessen hat die Klage abgewiesen.

Im Steuerrecht liege eine verbotene Rückwirkung im Grundsatz nur vor, wenn der Gesetzgeber eine bereits entstandene Steuerschuld nachträglich abändere. Änderungen von Gesetzen, die erst in einem nachfolgenden Besteuerungszeitraum gelten, seien hingegen regelmäßig zulässig. Im Einkommensteuerrecht finden Rechtsänderungen typischerweise veranlagungszeitraumbezogen statt, sodass Steuerpflichtige im Regelfall auch keinen Vertrauensschutz in die Weitergeltung einer (alten) Regelung haben. Im Streitfall komme hinzu, dass die Klägerin es unterlassen habe, sich gegenüber ihrem Arbeitgeber eine (unter Umständen in Deutschland noch steuerfreie) Auszahlung noch im Jahr 2016 vorzubehalten. Bei der Abwägung des Vertrauens der Klägerin auf Fortgeltung der alten Rechtslage mit dem durch die Gesetzesänderung verfolgten Interesse der Allgemeinheit an der Sicherung des Steueraufkommens überwiege das legitime Allgemeininteresse.

Gegen das Urteil ist Revision beim Bundesfinanzhof (VI R 3/24) eingelegt worden.

Zum Hintergrund führt das FG Hessen aus, bis 2016 habe eine anlassbezogene Abfindung in Deutschland vollständig steuerfrei sein können, wenn der Zahlungsempfänger bei Zufluss seinen Wohnsitz in einem Land hatte, welches nach einem Doppelbesteuerungsabkommen vorrangig das Besteuerungsrecht hatte.

§ 50d Absatz 12 EStG, der ab dem 01.01.2017 gilt, sorge dafür, dass auch die anlassbezogene Abfindung in Deutschland der Einkommenssteuer unterliegt. Das Gesetz fingiere dabei, dass die Abfindung als nachträglicher Arbeitslohn anzusehen ist.

Finanzgericht Hessen, Urteil vom 21.11.2023, 10 K 1421/21, nicht rechtskräftig

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