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Steuerberaterpostfach: BVerfG entscheidet zu verzögerter Einführungsphase

12.08.2025

Weil manche Steuerberater das besondere elektronische Steuerberaterpostfach erst verzögert nutzen konnten, hielt die finanzgerichtliche Rechtsprechung eine Reihe von Klagen für unzulässig, die nach Beginn der aktiven Nutzungspflicht am 01.01.2023 noch per Post eingereicht wurden. Das Bundesverfassungsgericht hat dem in einer aktuellen Entscheidung einen Riegel vorgeschoben.

Mit dem besonderen elektronischen Steuerberaterpostfach (beSt) nehmen Steuerberaterinnen und Steuerberater seit dem 01.01.2023 am elektronischen Rechtsverkehr teil. Wie für Anwältinnen und Anwälte besteht auch für sie in gerichtlichen Verfahren eine aktive Nutzungspflicht. In der Einführungsphase des beSt war es zu der Sondersituation gekommen, dass manche Berufsträger die Briefe zur erstmaligen Registrierung erst nach dem Eintritt der aktiven Nutzungspflicht zugingen und sie daher das beSt gar nicht nutzen konnten. Die Bundessteuerberaterkammer bot auf freiwilliger Basis ein sog. fast lane-Verfahren an, mit dem erreicht werden konnte, dass der Registrierungsbrief schneller versandt wurde.

Eine Reihe von Finanzgerichten legten die Nutzungspflicht ungeachtet dessen sehr streng aus. Sie hielten nach den allgemeinen Vorschriften eingereichte Klagen für unzulässig und gingen von einer Verpflichtung aus, sich für die fast lane anzumelden. So sahen es auch das Finanzgericht (FG) Nürnberg und der Bundesfinanzhof in dem Fall, der einer vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) jüngst entschiedenen Verfassungsbeschwerde zugrunde liegt.

Der Beschwerdeführer, dessen Steuerberaterin die Klage mangels Registrierungsbriefs per Post eingelegt hatte, wandte sich dagegen mit seiner Verfassungsbeschwerde. Darin rügt er die Verletzung des rechtlichen Gehörs durch Überraschungsentscheidung, des Gleichbehandlungsgrundsatzes, des Rechts auf ein faires Verfahren, des Gebots des effektiven Rechtsschutzes, der allgemeinen Vertrauensgrundsätze und des Willkürverbots.

Das BVerfG hielt in seinem jüngst veröffentlichten Beschluss die Verfassungsbeschwerde wegen Verletzungen des Gebots effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 IV GG) und des Rechts auf Gehör (Art. 103 I GG) für begründet. Soweit das FG ein der Wiedereinsetzung in die Klagefrist entgegenstehendes Verschulden angenommen hat, lässt es u. a. unerörtert, dass zum Jahresbeginn 2023 eine flächendeckende Freischaltung der beSt-Zugänge nicht möglich und daher auch nicht erfolgt war und dass die Bundessteuerberaterkammer die das fast lane-Verfahren bis Ende Januar 2023 stets als »freiwillig« deklariert hatte. Die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde verletzt daher das rechtliche Gehör des Beschwerdeführers.

In ihrer Stellungnahme zu dem Verfassungsbeschwerdeverfahren hatte die BRAK u. a. auf Bitte des BVerfG Hintergründe zur Einführung des beA erläutert und war ebenfalls zu dem Ergebnis gekommen, dass die Verfassungsbeschwerde begründet ist. Die angegriffenen Entscheidungen verletzten aus ihrer Sicht die Rechte des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör (Art. 103 I GG) und auf ein faires Verfahren (Art. 2 I i. V. m. Art. 20 III GG).

Hintergrund

Gutachten auf Anfrage von an der Gesetzgebung beteiligten Behörde oder von Bundesgerichten zu erstatten zählt nach § 177 II Nr. 5 BRAO zu den gesetzlichen Aufgaben der BRAK. Sie nimmt aufgrund dessen regelmäßig zu verfassungsgerichtlichen Verfahren Stellung. Deren Vorbereitung besorgt der Ausschuss Verfassungsrecht der BRAK. Einen Einblick in dessen Arbeit geben Prof. Dr. Christian Kirchberg und Dr. h.c. Gerhard Strate in BRAK-Magazin 4/2023, 6.

BRAK, Mitteilung vom 06.08.2025

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