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Sozialversicherungspflicht in Rechtsanwaltsgesellschaft: Nicht ausgeschlossen

30.06.2022

Rechtsanwälte, die als Gesellschafter-Geschäftsführer einer Rechtsanwaltsgesellschaft tätig sind, können aufgrund abhängiger Beschäftigung sozialversicherungspflichtig sein. Dies ist nicht von vornherein deshalb ausgeschlossen, weil Rechtsanwälte unabhängige Organe der Rechtspflege sind. Vielmehr kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an. Das hat das Bundessozialgericht (BSG) entschieden und damit die Revisionen von fünf Rechtsanwälten zurückgewiesen.

Die fünf klagenden Rechtsanwälte sind Gesellschafter-Geschäftsführer einer Rechtsanwaltsgesellschaft. Deren Gegenstand ist die Übernahme und die Ausführung von Anwaltsaufträgen, insbesondere die Beratung und Vertretung in Rechtsangelegenheiten und alle damit im Zusammenhang stehenden Geschäfte, die durch in Diensten der Gesellschaft stehende zugelassene Rechtsanwälte unabhängig, weisungsfrei und eigenverantwortlich unter Beachtung ihres Berufsrechts ausgeführt werden.

Die Kläger hielten zunächst jeweils 20 Prozent, nach Ausscheiden eines Klägers 25 Prozent der Gesellschaftsanteile. Die Geschäftsführerverträge sehen unter anderem ein festes Monatsgehalt von brutto 6.500 Euro zuzüglich eines 13. Monatsgehalts und eine gewinnabhängige Tantieme vor.

Im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens stellte die beklagte Deutsche Rentenversicherung Bund das Bestehen von Versicherungspflicht aufgrund Beschäftigung in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung fest. In der gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung bestand wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze Versicherungsfreiheit. Klagen und Berufungen der Kläger sind ohne Erfolg geblieben.

Mit ihren Revisionen rügen die Kläger eine Verletzung von § 7 Sozialgesetzbuch IV. Die Vorinstanzen hätten nicht ausreichend berücksichtigt, dass sie als Rechtsanwälte unabhängige Organe der Rechtspflege seien. Zudem gewährleiste die Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) ausdrücklich die Unabhängigkeit von Rechtsanwälten, die Geschäftsführer einer Rechtsanwaltsgesellschaft seien. Daher seien sie nicht mit Honorarärzten oder Steuerberatern vergleichbar.

Die Revisionen hatten keinen Erfolg. Bei Rechtsanwaltsgesellschaften komme es – wie allgemein bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung – für die Frage einer Versicherungspflicht aufgrund Beschäftigung der Gesellschafter-Geschäftsführer darauf an, ob sie über die gesellschaftsrechtliche Rechtsmacht verfügen, die Geschicke des Unternehmens zu bestimmen, so das BSG. Etwas anderes gelte nicht für Rechtsanwälte, die in einer Rechtsanwaltsgesellschaft tätig sind.

Ganz allgemein schließe die BRAO eine Tätigkeit von Rechtsanwälten in einem Anstellungsverhältnis und damit in abhängiger Beschäftigung nicht aus. Dies gelte auch in einer Rechtsanwaltsgesellschaft. Denn die Regelungen der BRAO gewährleisteten lediglich die fachliche Unabhängigkeit der Rechtsanwälte in ihrer anwaltlichen Tätigkeit. Aufgrund ihrer Position als Geschäftsführer könnten sie dennoch in das Unternehmen eingegliedert sein und im Rahmen der Unternehmenspolitik Weisungen der Gesellschafterversammlung unterliegen.

In Anwendung dieser Maßstäbe hat das BSG die Urteile der Vorinstanzen bestätigt und die Revisionen zurückgewiesen. Jeder der fünf Kläger habe als Minderheitsgesellschafter mit einem Geschäftsanteil von ursprünglich 20, später 25 Prozent nicht über die gesellschaftsrechtliche Rechtsmacht verfügt, die Geschicke der Rechtsanwaltsgesellschaft zu bestimmen. Die Geschäftsführerverträge enthielten zudem typische Regelungen für eine abhängige Beschäftigung.

Bundessozialgericht, Entscheidung vom 28.06.2022, B 12 R 4/20 R

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