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Schussverletzungen: Keine (Weiter-)Behandlung montenegrinischen Staatsangehörigen in Deutschland

08.03.2022

Weil sein Aufenthalt im Bundesgebiet eine gewaltsame Clan-Auseinandersetzung in die Bundesrepublik verlagern könnte, hat das Verwaltungsgericht (VG) Hannover die Klage eines montenegrinischen Staatsangehörigen gegen seine Ausweisung beziehungsweise das Verbot einer Wiedereinreise zur medizinischen Behandlung in der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) abgewiesen.

Der Kläger hielt sich im Frühjahr 2020 zur medizinischen Behandlung multipler Schussverletzungen in Hannover auf. Die niedersächsische Polizei überwachte den Klinikaufenthalt. Sie ging davon aus, dass der Kläger die Verletzungen im Rahmen einer Auseinandersetzung zwischen rivalisierenden kriminellen Vereinigungen erlitten hatte und schrieb ihm nach Auswertung der polizeilichen Erkenntnislage die Mitgliedschaft in einem der beteiligten Clans zu.

Die beklagte Landeshauptstadt Hannover wies den Kläger daraufhin aus, drohte ihm die Abschiebung an und verfügte ein auf fünf Jahre befristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot. Zur Begründung führte sie an, dass sich durch den Aufenthalt des Klägers die gewaltsame Clan-Auseinandersetzung in die Bundesrepublik verlagern könnte. Es bestehe die konkrete Gefahr weiterer Angriffe auf den Kläger, durch die auch unbeteiligte Dritte gefährdet werden könnten.

Der Kläger reiste am 21.02.2020 aus der Bundesrepublik aus. Sein gegen diese Entscheidung gerichteter Eilantrag (19 B 2910/20) und Abänderungsantrag (5 B 1817/21) blieben auch vor dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht erfolglos (8 ME 68/20 und 8 ME 63/21).

Im Einvernehmen mit den Beteiligten entschied das VG Hannover ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Es hielt an ihrer Einschätzung fest, dass die offengelegten Erkenntnisse und Begleitumstände eine hohe Wahrscheinlichkeit begründeten, dass der Kläger einem der verfeindeten Clans angehört oder ihm die Mitgliedschaft zumindest von Angehörigen eines verfeindeten Clans zugeschrieben wird.

Der Kläger sei das Ziel eines Mordversuchs gewesen, der in seiner konkreten Planung und Durchführung für eine Auseinandersetzung zwischen kriminellen Vereinigungen typisch sei und eine Verwechslung des Opfers ausschließe. Die behauptete Verwechslung sei nicht plausibel, weil der Kläger gleichzeitig geltend mache, dass er aus Neid auf seinen Wohlstand angegriffen worden sei. Der Kläger habe zu einer weiteren Aufklärung der Hintergründe der gegen ihn gerichteten Tat nicht beigetragen.

Die ärztlichen Berichte zeigten die Notwendigkeit einer Behandlung ausgerechnet in der MHH und durch den vormals operierenden Arzt nicht auf, so das VG weiter. Außerdem hätten weder die MHH noch der Arzt ihre Bereitschaft zu einer weiteren Behandlung ausdrücklich bekundet. Vielmehr sei der Arzt mittlerweile im Ruhestand und habe in einer Erklärung gegenüber dem Gericht geäußert, dass er die Operation deshalb nicht mehr durchführen könne.

Dem öffentlichen Interesse daran, dem Kläger die Wiedereinreise zu verwehren, stehe kein gleichwertiges Bleibeinteresse des Klägers gegenüber. Der Kläger sei nur für die ärztliche Behandlung in das Bundesgebiet eingereist und in der Bundesrepublik nicht verwurzelt. Die ärztliche Behandlung begründe zudem kein (dauerhaftes) Bleibeinteresse, sondern nur ein vorübergehendes Interesse am zweckgebundenen Aufenthalt im Bundesgebiet (Betretensinteresse). Auch dieses vorübergehende Interesse trete gegenüber dem Ausweisungsinteresse zurück. Der Kläger habe offensichtlich die Mittel und das Netzwerk, eine sachgerechte Behandlung in einem Land außerhalb des Schengen-Raumes zu organisieren.

Weitere Erkenntnisse der Sicherheitsbehörden unterlägen einer Sperrerklärung des Niedersächsischen Innenministeriums, seien aber nicht entscheidungserheblich.

Verwaltungsgericht Hannover, Urteil vom 01.03.2022, 5 A 1575/21

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