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Schlafapnoesyndrom: Krankenkasse muss Cannabis nicht bezahlen

09.03.2021

Bei der Versorgung mit Cannabis nach § 31 Absatz 6 Sozialgesetzbuch V (SGB V) ist von einer "schwerwiegenden Erkrankung" auszugehen, wenn es sich um eine lebensbedrohliche oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigende Erkrankung handelt, die sich durch ihre Schwere oder Seltenheit vom Durchschnitt der Erkrankungen abhebt. Dies ist bei einem Schlafapnoesyndrom mit Zähneknirschen und Tagesmüdigkeit nicht der Fall, wie das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg meint.

Der 48-jährige Kläger beantragte die Versorgung mit Medizinal-Cannabisblüten von abendlich 2,5 Gramm zur Behandlung eines Schlafapnoesyndroms mit Schlafstörungen, Tagesmüdigkeit und Zähneknirschen. Trotz der CPAP-Versorgung mit einer Nasenmaske bestehe ständig Tagesmüdigkeit, da der Schlaf sehr unruhig sei und er sich ständig hin- und herwälze. Alle Therapieversuche hätten nichts gebracht. Weitere alternative Behandlungsoptionen gebe es nicht. Die Verwendung von Cannabisblüten habe hingegen zu einem erholsamen und ruhigen Schlaf geführt; eine Tagesmüdigkeit habe dann nicht mehr bestanden. Der Kläger legte einen von seinem Hausarzt ausgefüllten Arztfragebogen vor. Hierin wurde die Versorgung mit Cannabisblüten von 2,5 Gramm täglich befürwortet. Das Schlafapnoesyndrom sei vorliegend als besonders schwere Erkrankung zu klassifizieren. Die Lebensqualität des Klägers sei auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt.

Die beklagte Krankenkasse lehnte die Übernahme der Kosten für cannabishaltige Arzneimittel ab. Denn selbst bei nicht zufriedenstellendem Therapieerfolg mit einer CPAP-Maske stünden weitere, anerkannte Therapiemethoden (Gewichtsreduktion, Unterkieferprotrusionsschiene, Maßnahmen zur Vermeidung des Schlafes in Rückenlage sowie chirurgische Therapieverfahren) zur Verfügung.

Widerspruch und Klage des Klägers blieben erfolglos. Das LSG hat seine hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen: Ein Anspruch auf Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten nach § 31 Absatz 6 SGB V scheitere schon daran, dass der Kläger nicht schwerwiegend erkrankt sei. Weder liege eine lebensbedrohliche noch eine die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigende Erkrankung vor, die sich durch ihre Schwere oder Seltenheit vom Durchschnitt der Erkrankungen abhebe. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger an einer schwerwiegenden Form eines Schlafapnoesyndroms mit ganz massiven Schlafstörungen und daraus resultierenden erheblichen körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen leide (wie etwa abnorme Einschlafneigung tagsüber), lägen nicht vor.

Im Übrigen handle es sich beim Schlafapnoesyndrom auch nicht um eine seltene Erkrankung. Laut vorliegenden Unterlagen würden neun Prozent der Männer und vier Prozent der Frauen unter schlafbezogenen Atmungsstörungen leiden. Im Übrigen stünden dem Kläger auch anerkannte Standardtherapien zur Verfügung. So sei er bereits mit einem CPAP-Gerät versorgt, das laut seinem Vortrag "pneumologisch ordentlich" eingestellt sei. Laut Angaben seines Hausarztes habe der Kläger die Behandlung mit Schlafmitteln als die dem medizinischen Standard entsprechende Leistung abgelehnt. Dem Vorbringen des Klägers lasse sich damit nicht einmal im Ansatz entnehmen, dass entsprechende Standardtherapien erfolglos durchgeführt worden seien oder bei ihm nicht zur Anwendung kommen könnten. Im Übrigen sei dieser mittlerweile auch mit einer Unterkieferprotrusionsschiene versorgt.

Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 26.02.2021, L 4 KR 1701/20

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