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Scheinehe: Zahlung monatlichen Betrages an Ehefrau steht nicht entgegen

23.01.2023

Die bloße Zahlung eines monatlichen Betrages an die Ehefrau begründet an sich bereits keinen Beitrag zur ehelichen Lebensgemeinschaft. Eine solche setzt vielmehr die wechselseitige Übernahme persönlicher Verantwortung voraus. Dies hat das Amtsgericht (AG) – Familiengericht – Frankenthal in einem Fall entschieden, in dem es um die Möglichkeit einer nur zum Schein geschlossenen Ehe ging, und die Ehe aufgehoben.

Die Beteiligten haben 2020 vor dem Standesamt in Frankenthal die Ehe miteinander geschlossen. Die Antragstellerin ist deutsche Staatsangehörige, der Antragsgegner türkischer Staatsangehöriger. Aus der Ehe sind keine gemeinsamen Kinder hervorgegangen. Die Antragstellerin ist Mutter einer minderjährigen Tochter.

Die Antragstellerin begehrt die Aufhebung der Ehe gemäß § 1314 Nr. 5 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Es handele sich um eine Scheinehe. Sie behauptet, zu keinem Zeitpunkt mit dem Antragsgegner eine gemeinsame Ehewohnung innegehabt zu haben. Vielmehr habe sie mit ihrem ehemaligen Lebensgefährten in ihrer Wohnung gewohnt. Die Ehe mit dem Antragsgegner sei derart zustande gekommen, dass der Onkel des Antragsgegners – gleichzeitig Chef ihres ehemaligen Lebensgefährten – auf sie zugekommen sei mit der Bitte, den Antragsgegner zu heiraten, damit dieser eine Aufenthaltserlaubnis erhalte. Die Antragstellerin habe der Eheschließung zugestimmt und im Gegenzug dafür einen monatlich laufenden Betrag von 500 Euro erhalten.

Der Antragsgegner meint, dass keine Scheinehe zwischen den Beteiligten vorgelegen habe. Der Antragsgegner habe nicht in der gemeinsamen Wohnung leben können, da er die Asylunterkunft, in der er sich zu diesem Zeitpunkt befunden habe, nicht habe verlassen dürfen. Später sei er dann zur Antragstellerin gezogen. Der Betrag von 500 Euro monatlich sei Haushaltsgeld seitens des Antragsgegners gewesen, damit die Antragstellerin ihre Einkäufe von diesem Geld habe tätigen können. Die Antragstellerin stelle den Antrag auf Eheaufhebung nur, weil sie von ihrer Familie unter Druck gesetzt werde. Da die Familie von Anfang an gegen die Ehe gewesen sei, solle die Aufhebung der Ehe der Wiederherstellung der Familienehre dienen

Das AG Frankenthal hat die Ehe aufgehoben. Gemäß § 1314 Absatz 2 Nr. 5 BGB könne eine Ehe aufgehoben werden, wenn beide Ehegatten sich bei der Eheschließung darüber einig waren, dass sie keine Verpflichtung gemäß § 1353 Absatz 1 BGB begründen wollen.

Der Gesetzgeber habe mit der Abfassung des § 1353 Absatz 1 BGB klargestellt, dass die Ehe eine Verantwortungsgemeinschaft ist. Der Kernbereich der ehelichen Lebensgemeinschaft werde auf solche Pflichten beschränkt, die sich auf gegenseitige eheliche Verantwortung der Ehegatten füreinander zurückführen lassen. Demnach seien Beistand, Hilfe, Fürsorge und Rücksichtnahme in personaler und vermögensrechtlicher Hinsicht die als solche unabdingbaren, der Verfügungsgewalt der Ehegatten entzogenen Mindestinhalte einer ehelichen Lebensgemeinschaft. Entscheidend sei, so das AG, ob die angestrebten Beziehungen bei einer Gesamtbetrachtung der Vorstellungen des Paares und unter Berücksichtigung der Gesamtumstände als gegenseitige Übernahme von Verantwortung zu bewerten ist. Die Beziehungen der Ehegatten dürften und würden in aller Regel über Beistand, Fürsorge und Rücksichtnahme hinausgehen. Sie dürften aber nicht hinter den genannten Anforderungen zurückbleiben. Auch genüge es nicht, dass ein Ehegatte dem anderen in finanzieller Hinsicht Beistand leistet, aber keinerlei Verantwortung im personalen Bereich übernehmen will.

Aus Sicht des Gerichts ergibt sich bereits aus den Ausführungen der Beteiligten zum Zweck der Eheschließung, dass keine Verpflichtungen gemäß § 1353 Absatz 1 BGB begründet werden sollten – weder aus Sicht der Antragstellerin noch aus Sicht des Antragsgegners. Unstreitig zwischen den Beteiligten sei zudem, dass der Antragsgegner monatlich Zahlungen an die Antragstellerin geleistet hat. Zur Sicht des Antragsgegners, wonach das Geld als Haushaltsgeld für die Antragstellerin bestimmt gewesen war, führt das AG aus, dass es gerade nicht ausreiche, dass ein Ehegatte dem anderen in finanzieller Hinsicht Beistand leistet, aber keinerlei Verantwortung im personalen Bereich übernehmen will.

Auf weiteres Nachfragen habe der Antragsgegner zum Kind der Antragstellerin erklärt, dieses nicht näher zu kennen, was ebenso eine Beziehung der Beteiligten auf Basis von Beistand, Hilfe, Fürsorge und Rücksichtnahme ausschließe. Aufgrund einer Würdigung der Gesamtumstände ist das AG zur Überzeugung gelangt, dass die Ehe der Beteiligten zu dem Zweck geschlossen wurde, dass der Antragsgegner einen Aufenthaltstitel erlangt. Hierfür sprächen die damaligen Lebensumstände und Gesamtumstände der Beteiligten.

Amtsgericht Frankenthal, Beschluss vom 27.12.2022, 71 F 11/22, noch nicht rechtskräftig

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