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Säumniszuschläge: Bei zinsähnlicher Funktion verfassungsrechtlich bedenklich

25.01.2022

Gegen die Höhe der nach § 240 Abgabenordnung (AO) entrichtenden Säumniszuschläge bestehen für Jahre ab 2012 jedenfalls insoweit erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken, als ihnen nicht die Funktion eines Druckmittels zukommt, sondern einer Gegenleistung oder eines Ausgleichs für das Hinausschieben der Zahlung fälliger Steuern, mithin also eine zinsähnliche Funktion. Dies stellt der Bundesfinanzhof (BFH) klar.

Die Beteiligten streiten über die Verfassungsmäßigkeit der Höhe der in einem Abrechnungsbescheid ausgewiesenen Säumniszuschläge. Das Finanzamt (= Antragsgegner) erließ am 10.03.2020 einen Abrechnungsbescheid, der zulasten des Antragstellers neben weiteren Steuerforderungen auch Säumniszuschläge zur Umsatzsteuer für August 2018 für den Zeitraum vom 11.10.2018 bis zum 10.11.2018 auswies. Die in dem Abrechnungsbescheid aufgeführten Forderungen wurden durch Aufrechnung vollständig beglichen.

Der Antragsteller legte gegen den Abrechnungsbescheid Einspruch ein und machte geltend, dass die darin aufgeführten Säumniszuschläge verfassungswidrig seien. Säumniszuschläge wiesen einen Druck- und einen Zinscharakter auf. Um den Druckcharakter gehe es ihm hier nicht. Soweit in den Säumniszuschlägen jedoch ein Zinsanteil enthalten sei, werde dieser von den verfassungsrechtlichen Zweifeln des BFH zur Höhe des gesetzlich vorgegebenen Zinssatzes von sechs Prozent erfasst. Insoweit sei ihm daher Aufhebung der Vollziehung (AdV) der hälftigen Säumniszuschläge zu gewähren.

Über den Einspruch des Antragstellers hat das Finanzamt noch nicht entschieden. Den AdV-Antrag lehnte es jedoch mit der Begründung ab, die Rechtsprechung habe bestätigt, dass der Säumniszuschlag in Höhe von einem Prozent je angefangenem Monat der Säumnis dem Grunde nach verfassungsgemäß sei und dass Säumniszuschläge insbesondere keinen – auch keinen verdeckten – Zinsanteil enthielten. Das Finanzgericht (FG) hat einen dort gestellten Antrag auf AdV ebenfalls abgelehnt.

Die hiergegen eingelegte Beschwerde hatte vor dem BFH Erfolg. Nach der im vorläufigen Verfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage gelangte dieser zu der Auffassung, dass an der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlich festgelegten Höhe der Säumniszuschläge ernstliche Zweifel bestehen, sodass der angefochtene Beschluss des FG zusammen mit der Entscheidung des Finanzamtes aufzuheben und dem AdV-Antrag des angefochtenen Abrechnungsbescheids stattzugeben war.

Der BFH habe wiederholt entschieden, dass gegen die Höhe der in § 233a AO und in § 238 Absatz 1 Satz 1 AO normierten Zinssätze ab 2012 erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken bestehen, die eine Aussetzung geboten erscheinen lassen. Auch habe der BFH bereits festgestellt, dass unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung auch Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlich festgelegten Höhe der Säumniszuschläge nach § 240 Absatz 1 Satz 1 AO bestehen. Dies gelte jedenfalls insoweit, als Säumniszuschlägen nicht die Funktion eines Druckmittels zukommt, sondern die einer Gegenleistung oder eines Ausgleichs für das Hinausschieben der Zahlung fälliger Steuern, mithin also eine zinsähnliche Funktion.

Ob und inwieweit der weitere Zweck, den Verwaltungsaufwand auszugleichen, hier ebenfalls zu berücksichtigen ist, sei bislang nicht entschieden. Vor diesem Hintergrund sei die Vollziehung des angefochtenen Abrechnungsbescheids hinsichtlich der Säumniszuschläge zur Umsatzsteuer für August 2018 in der beantragten hälftigen Höhe aufzuheben gewesen, so der BFH.

Bundesfinanzhof, Beschluss vom 26.05.2021, VII B 13/21

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