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Rundfunkbeiträge: Barzahlung darf nicht ausnahmslos ausgeschlossen werden

29.04.2022

Die Beitragssatzung des Hessischen Rundfunks ist insoweit rechtswidrig, als sie die Barzahlung der Rundfunkbeiträge ausnahmslos ausschließt. Denn laut Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstößt dies gegen die unionsrechtlichen Vorgaben für Barzahlungsbeschränkungen bei der Erfüllung hoheitlich auferlegter Geldleistungspflichten sowie gegen Artikel 3 Absatz 1 Grundgesetz (GG).

Bis zu einer Neuregelung dürfe die Regelung daher nur mit der Maßgabe weiter angewendet werden, dass der Hessische Rundfunk solchen Beitragspflichtigen, die nachweislich weder bei privaten noch bei öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten ein Girokonto eröffnen können, die Zahlung des Beitrags mit Bargeld ohne Zusatzkosten ermöglicht.

Die Kläger sind als Wohnungsinhaber rundfunkbeitragspflichtig. Sie wenden sich gegen die Festsetzung rückständiger Rundfunkbeiträge durch den beklagten Hessischen Rundfunk und begehren hilfsweise die Feststellung, dass sie berechtigt sind, Rundfunkbeiträge in bar zu zahlen. Der Beklagte hat die von den Klägern jeweils angebotene Barzahlung unter Verweis auf § 10 Absatz 2 seiner Beitragssatzung abgelehnt, wonach der Rundfunkbeitrag nur durch Lastschrifteinzug, Einzelüberweisung oder Dauerüberweisung entrichtet werden kann.

In den Vorinstanzen waren die Klagen erfolglos. Auf die Revisionen der Kläger hatte das BVerwG dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) mehrere Fragen zur Auslegung des Begriffs des gesetzlichen Zahlungsmittels im EU-Recht und zur Reichweite der ausschließlichen Kompetenz der EU im Bereich der Währungspolitik zur Vorabentscheidung vorgelegt (Beschlüsse vom 27.03.2019, 6 C 5.18 und 6 C 6.18). Nachdem der EuGH die Vorlagefragen am 26.01.2021 (C-422/19 und C-423/19) beantwortet hatte, hat das BVerwG die Revisionen der Kläger zurückgewiesen.

Unter Berücksichtigung der EuGH-Entscheidung ist es zu dem Ergebnis gelangt, dass dem Barzahlungsausschluss in der Beitragssatzung des Beklagten nicht die bundesrechtliche Regelung des § 14 Absatz 1 Satz 2 Bundesbankgesetz (BBankG) entgegengehalten werden kann, wonach auf Euro lautende Banknoten das einzige unbeschränkte gesetzliche Zahlungsmittel sind. Denn diese Norm determiniere in Anbetracht ihres Ziels und ihres Inhalts die rechtliche Ausgestaltung des Status der Euro-Banknoten als gesetzliches Zahlungsmittel und verstoße damit gegen die ausschließliche Regelungskompetenz der Union im Bereich der Währungspolitik.

§ 10 Absatz 2 der Beitragssatzung stehe allerdings seinerseits nicht uneingeschränkt in Einklang mit den unionsrechtlichen Vorgaben, die der EuGH in der genannten Entscheidung näher ausgeformt hat. Danach beinhalte der Status als gesetzliches Zahlungsmittel lediglich eine grundsätzliche Verpflichtung zur Annahme von Euro-Bargeld zu Zahlungszwecken. Daher seien die Mitgliedstaaten befugt, bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen Ausnahmen von der Annahmepflicht vorzusehen. Diese Voraussetzungen seien bei § 10 Absatz 2 der Beitragssatzung überwiegend erfüllt: Anders als § 14 Absatz 1 Satz 2 BBankG determiniere die Regelung nicht die rechtliche Ausgestaltung des Status der Euro-Banknoten als gesetzliches Zahlungsmittel, sodass kein Eingriff in die ausschließliche Kompetenz der EU für die Währungspolitik vorliegt. Auch führe die Regelung nicht zu einer rechtlichen oder faktischen Abschaffung der Euro-Banknoten. Sie sei zudem aus Gründen des öffentlichen Interesses, nämlich der Kostenersparnis sowie der effizienten Durchsetzung der Beitragserhebung erlassen worden. Der in § 10 Absatz 2der Beitragssatzung geregelte Ausschluss der Barzahlungsmöglichkeit sei ferner geeignet, das verfolgte Ziel von öffentlichem Interesse zu erreichen.

Ein Unionsrechtsverstoß liege jedoch darin, dass mangels einer Ausnahmeregelung diejenigen Beitragspflichtigen, die keinen Zugang zu einem Girokonto erhalten, unverhältnismäßig beeinträchtigt würden. Auf die Möglichkeit der Bareinzahlung bei einem Kreditinstitut auf das Beitragsabwicklungskonto ARD/ZDF/Deutschlandradio könnten sie wegen der damit verbundenen erheblichen Zusatzkosten nicht verwiesen werden. Aus demselben Grund liege in dem Barzahlungsausschluss auch ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (Artikel 3 Absatz 1 GG).

Diese Rechtsverletzungen führten jedoch im Ergebnis nicht zum Erfolg der Revisionen der Kläger. Das BVerwG hat angeordnet, dass § 10 Absatz 2 der Beitragssatzung übergangsweise mit der Maßgabe anzuwenden ist, dass der Beklagte solchen Beitragspflichtigen, die nachweislich weder bei privaten noch bei öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten ein Girokonto eröffnen können, die Zahlung des Beitrags mit Bargeld ohne Zusatzkosten ermöglicht. Da die Kläger jeweils über ein Girokonto verfügen, könnten sie sich auf diese Maßgabe nicht berufen.

Bundesverwaltungsgericht, Urteile vom 27.04.2022, BVerwG 6 C 2.21 und BVerwG 6 C 3.21

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