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Rückenmuskeltraining: Aufwendungen keine außergewöhnlichen Belastungen

24.03.2022

Das Finanzgericht (FG) Münster hat es abgelehnt, Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für ein Rückenmuskeltraining (Ortho-Training) in Höhe von 891 Euro als außergewöhnliche Belastungen anzuerkennen.

Der Kläger besuchte ein Fitness-Studio "Ortho-Training". Hierfür entstanden ihm im Streitjahr Unkosten von 891 Euro, die sich aus den Mitgliedskosten für das Studio und die Kosten für die Fahrt dorthin zusammensetzten.

Das FG erkannte die Kosten nicht an. Es handele sich um Kosten für vorbeugende oder allgemein gesundheitsfördernde Maßnahmen, die zu den nicht abziehbaren Kosten der Lebensführung nach § 12 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) gehörten. Zwar handele es sich beim dem Studio "Ortho-Training" nicht um ein klassisches Fitnessstudio, weil dort das Rückentraining im Vordergrund stehe. Neben dem (Rücken-)Training an Fitnessgeräten, die auch in klassischen Fitnessstudios zur Verfügung stünden, und den Präventionskursen "Rückentraining" würden im Studio "Ortho-Training" jedoch auch weitere Präventionskurse wie "Faszientraining", "Qigong" und "Gesund Abnehmen" angeboten. Die vom Studio angebotenen Leistungen gingen damit weit über die Rückentherapie hinaus, konstatiert das Gericht. Zusätzlich zu den genannten Sportkursen sei auch ein eigenständiges Training (Gerätetraining) innerhalb der Öffnungszeiten möglich. Derartige Leistungen würden ihrer Art nach nicht nur von kranken, sondern auch gesunden Menschen in Anspruch genommen, um die Gesundheit zu erhalten, das Wohlbefinden zu steigern oder die Freizeit sinnvoll zu gestalten. Sie gehörten damit grundsätzlich nicht zu den nach § 33 EStG abziehbaren Krankheitskosten, sondern zu den nach § 12 Nr. 1 EStG nicht abziehbaren Lebenshaltungskosten, so das FG.

Jedenfalls aber habe der Kläger den Nachweis der Zwangsläufigkeit der Aufwendungen nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Weise erbracht. Unterstellt man zu seinen Gunsten, dass das durch ausgebildete Fachkräfte angeleitete beziehungsweise begleitete Rückentraining im Fitnessstudio "Ortho-Training" nicht lediglich eine vorbeugende oder allgemein gesundheitsfördernde Maßnahme darstellt, sondern gehe zugunsten des Klägers von Krankheitskosten aus, so könne allenfalls ein Heilmittel im Sinne einer Bewegungstherapie gemäß §§ 32, 92 Sozialgesetzbuch V (SGB V) in Verbindung mit § 19 Heilmittel-Richtlinie vorliegen. Ein Heilmittel sei eine ärztlich verordnete Dienstleistung, die einem Heilzweck dient oder einen Heilerfolg sichern soll und nur von entsprechend ausgebildeten, berufspraktisch erfahrenen Personen erbracht werden darf.

Insoweit seien jedoch die Voraussetzungen des § 64 Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuer-Durchführungsverordnung in Verbindung mit § 33 Abs. 4 EStG nicht erfüllt. Laut FG fehlt es an der erforderlichen konkreten Einzelverordnung. Die vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen, wonach die Muskeltrainingsform im "Ortho-Training" orthopädisch indiziert und zur Stabilisierung der körperlichen Leistungsfähigkeit essentiell notwendig ist, genügten den Anforderungen nicht. Auch die vorgelegte amtsärztliche Bescheinigung über die medizinische Notwendigkeit eines angeleiteten Muskeltrainings stelle keine konkrete Einzelverordnung dar. Es fehle insoweit an einer konkreten und individuellen Therapiemaßnahme mit Festlegung einer konkreten und individuellen Leistung etwa nach Art, Inhalt, Anzahl und Dauer der Handlung, unterstreicht das FG. Auch tatsächlich habe der Kläger das "Ortho-Training" mit all seinen Angeboten jederzeit auch ohne fachliche Betreuung nutzen können, sodass sich das dortige Training deutlich von verordneten physiotherapeutischen Maßnahmen unterscheide.

Die geltend gemachten Fahrtkosten teilen laut FG das Schicksal der Behandlungskosten.

Finanzgericht Münster, Urteil vom 17.01.2022, 9 K 1471/20 E

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