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Reiseabbruchsversicherung: Haftet bei coronabedingter Annullierung eines gebuchten Fluges nicht für Kosten eines Ersatzfluges

06.12.2021

Eine Reiseabbruchsversicherung haftet bei coronabedingter Annullierung eines gebuchten Fluges nicht für die Kosten eines Ersatzfluges. Dies hat das Amtsgericht (AG) München entschieden und die Klage gegen einen bei München ansässigen Reiseversicherer auf Zahlung von 3.610 Euro abgewiesen.

Der Kläger schloss bei der Beklagten am 27.01.2020 eine Reiserücktrittsversicherung ab, die auch eine Reiseabbruchsversicherung beinhaltete. Nach den Versicherungsbedingungen gewährt die Beklagte Versicherungsschutz für die Mehrkosten einer nicht planmäßigen Rückreise, wenn am Urlaubsort eine Naturkatastrophe herrscht. Der Kläger buchte am 04.03.2020 für sich und einen Mitreisenden eine Reise nach Sri Lanka vom 07.03.2020 bis 29.03.2020. Die Fluggesellschaft strich am 24.03.2020 aufgrund der durch das Coronavirus SARS-CoV-2 hervorgerufenen Reisebeschränkungen den Rückflug. Daraufhin buchte der Kläger für sich und seinen Begleiter Rückflüge für den 27.03.2020 von Colombo nach Zürich. Die insoweit entstandenen Kosten in Höhe von 3.610 Euro stellte der Kläger dem Reiseversicherer in Rechnung.

Er meint, bei der Corona-Pandemie handele es sich um eine Naturkatastrophe, sodass der Versicherer die Mehrkosten zu tragen habe. Die hohen Kosten für die Ersatzflüge seien darauf zurückzuführen, dass es sich bei diesen – vor der Schließung des örtlichen Flughafens – um die einzig verbliebene Rückreisemöglichkeit gehandelt habe. Die Beklagte meint, die versicherten Risiken seien in den Versicherungsbedingungen abschließend aufgezählt worden. Eine Pandemie als versichertes Ereignis sei gerade nicht genannt worden.

Das AG München gab der Beklagten Recht. Bei der Corona-Pandemie handele es sich mangels unmittelbarer physischer Auswirkungen, lokalem Auftreten und zeitlicher Eingrenzung um keine typische Naturkatastrophe. Auswirkungen auf die Umwelt, insbesondere das öffentliche Leben, träten vermittelt durch staatliche Schutzmaßnahmen ein, bei denen es sich um politische Ermessensakte handelt. Bei Auswirkungen durch staatliche Maßnahmen liege begrifflich aber keine Naturkatastrophe vor, da diese höchst unterschiedlich ausfallen können. Die Auswahl der Schutzmaßnahmen folge weltweit verschiedenen Ansätzen. Schutzkonzepte seien im Laufe der Zeit geändert und angepasst worden. In Ländern mit strengen Schutzkonzepten seien die Auswirkungen auf das öffentliche Leben stärker spürbar als in Ländern, die weniger strenge Ansätze verfolgen. Kennzeichnend für eine Naturkatastrophe sei aber, dass sie an jedem Ort die gleichen Auswirkungen hätte. Auch in zeitlicher Hinsicht unterscheide sich die Corona-Pandemie von einer Naturkatastrophe. Bei dieser bestehe die Gefahrenquelle typischerweise für einen nur begrenzten Zeitraum von maximal einigen Wochen. Die Gefahr durch das Coronavirus bestehe aber bereits um ein vielfältiges länger und werde auch aufgrund seiner dezentralen Entwicklung noch länger eine Gefahr darstellen.

Dieses Ergebnis wird laut AG München auch durch Erwägungen zur Rechtssicherheit gestützt. Naturgemäß schwankende Infektionszahlen und sich dem anpassende Schutzmaßnahmen werfen dem Gericht zufolge die Abgrenzungsfrage auf, ab welchem Grad die Schwelle zur Naturkatastrophe überschritten würde. Infektionszahlen und Schutzmaßnahmen entwickelten sich an verschiedenen Orten unterschiedlich, sodass dasselbe Ereignis teilweise als Naturkatastrophe einzustufen wäre und teilweise nicht. Mangels Vorliegens eines versicherten Ereignisses bestehe mithin kein Ersatzanspruch gegen die Beklagte.

Amtsgericht München, Urteil vom 20.05.2021, 275 C 23753/20, rechtskräftig

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