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Pflichtverletzung bei Anlagenvermittlung: Finanzdienstleister muss Millionen-Schadenersatz zahlen

02.05.2023

Das Landgericht (LG) München I hat einen Finanzdienstleister zur Zahlung von drei Millionen Euro Schadenersatz an eine Gemeinde in Baden-Württemberg wegen Pflichtverletzung wegen einer Auskunft verurteilt.

Nach den Feststellungen des Gerichts hatte die klagende Gemeinde im November 2020 vermittelt durch den beklagten Finanzdienstleister mit einer Bank einen Vertrag über eine Festgeldanlage in Höhe von drei Millionen Euro abgeschlossen. Der Finanzdienstleister hatte der Gemeinde eine Übersicht über in Betracht kommende Festgeldanlagen zur Verfügung gestellt, bei der die Bonität der emittierenden Bank mit A- angegeben war. Tatsächlich war die Bonität auf BBB+ herabgestuft worden. Über das Vermögen der Bank wurde am 16.03.2021 das Insolvenzverfahren eröffnet. Das Geld war verloren, da es, was unstreitig bekannt war, keine Sicherheit über den Einlagensicherungsfonds gab.

Die Gemeinde machte geltend, sie hätte bei Kenntnis des wahren Sachverhalts die Festgeldanlage nicht gezeichnet, sie sei zur Beachtung einer A-Bonität auch verpflichtet gewesen. Der Finanzdienstleister meinte, es liege zwischen den Parteien kein Vertragsverhältnis vor. Er habe rein aufgrund eines Maklervertrags mit der Bank gehandelt, allein von dieser habe er auch Provision erhalten. Zwischen ihm und der Gemeinde sei weder ein Anlagevermittlungs- noch ein Auskunftsvertrag zustande gekommen. Selbst wenn ein Schaden vorläge, sei dieser nicht auf die Fehlinformation über das Rating zurückzuführen, da dessen Verschlechterung lediglich geringfügig sei.

Das LG München I hat entschieden, dass der Finanzdienstleister für seine fehlerhaften Angaben haftet. Zwar ergäben sich aus dem zwischen ihm und der Bank geschlossenen Maklervertrag grundsätzlich keine vertraglichen Pflichten gegenüber der Gemeinde. Ferner könne im Maklervertrag kein Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, hier der Gemeinde, gesehen werden, der einen Schadenersatzanspruch für die Klägerin rechtfertigen könnte.

Auch bei Bestehen eines Maklervertrages könne aber zwischen dem Makler und dem Dritten ein weiteres, vom Maklervertrag unabhängiges Vertragsverhältnis bestehen. Zwischen der Gemeinde und dem Finanzdienstleister sei insoweit konkludent ein Auskunftsvertrag im Rahmen der Anlagevermittlung geschlossen worden.

Der Finanzdienstleister sei gegenüber der Gemeinde nämlich nicht nur als "Makler", sondern unter der Bezeichnung "Finanzierungen/Anlagevermittlung" aufgetreten. Er habe so als Vermittler für Finanzprodukte und darüber hinaus durch das Auftreten seiner Mitarbeiterin, als "Rating-Analyst (univ.)" für sich besondere Sachkunde reklamiert. Die Gemeinde habe durch die Inanspruchnahme der Leistungen des Finanzdienstleisters deutlich gemacht, dass sie auf dessen besondere Sachkunde und seine Verbindungen vertraue. Damit sei zwischen den Parteien ein Vertragsverhältnis geschlossen worden.

Der Annahme eines Auskunftsvertrags stehe auch nicht entgegen, dass die Gemeinde selbst keine Zahlungen an den Finanzdienstleister geleistet habe. Es sei anerkannt, dass ein Anlagevermittlungsvertrag beziehungsweise ein Auskunftsvertrag auch unentgeltlich geschlossen werden könne und bei Vermittlern auch regelmäßig unentgeltlich geschlossen werde.

Die falsche Auskunft des Finanzdienstleisters sei auch ursächlich für den Anlagenkauf der Gemeinde gewesen. Diese hätte die fragliche Festgeldanlage nicht abgeschlossen, wenn sie zutreffend informiert worden wäre, dass die emittierende Bank tatsächlich nur über ein Rating von BBB+ verfügte.

Dabei streite im Rahmen eines Anlagevermittlungsvertrags für die Gemeinde die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens. Diese Vermutung habe der Finanzdienstleister nicht widerlegen können. Vielmehr habe die Gemeinde die Ursächlichkeit der fehlerhaften Auskunft für ihre Entscheidung nachweisen können.

Landgericht München I, Urteil vom 24.04.2023 32 O 2905/22, nicht rechtskräftig

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