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Palästinakomitee Stuttgart: Mit Klage auf Aufnahme auf Webseite der Stadt erfolgreich

27.04.2022

Die Landeshauptstadt Stuttgart ist verpflichtet, das Palästinakomitee Stuttgart e.V. auf seine Webseite aufzunehmen. Dies hat das Stuttgarter Verwaltungsgericht (VG) entschieden. Die Argumentation der Stadt, der Verein sei antisemitisch beziehungsweise antiisraelisch, hielt das Gericht für irrelevant. Denn auch eine solche Haltung falle grundsätzlich unter den Schutz der Meinungsfreiheit.

Der Kläger begehrte mit seiner Klage die Aufnahme seiner Kontaktdaten auf die Webseite der Beklagten. Die Beklagte lehnte es ab, die Kontaktdaten des Klägers auf ihre Webseite aufzunehmen, weil dieser die BDS-Kampagne (Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen) unterstütze. Die BDS-Kampagne sei antiisraelisch und antisemitisch.

Das VG hat der Klage stattgegeben, weil dem Kläger aus § 10 Absatz 2 Satz 2 und Absatz 4 der baden-württembergischen Gemeindeordnung ein Anspruch auf Aufnahme seiner Kontaktdaten auf die Webseite der Beklagten zustehe.

Irrelevant sei, ob die BDS-Kampagne, die der Kläger unterstütze, antiisraelisch oder antisemitisch sei. Denn die Meinungsfreiheit, auf die sich der Kläger berufen könne, schütze auch antiisraelische und antisemitische Auffassungen. Ein Gesetz, das es der Beklagten erlauben würde, die Aufnahme der Kontaktdaten des Klägers auf ihre Webseite abzulehnen, weil der Kläger die BDS-Kampagne unterstütze, gebe es nicht. Ein derartiges Gesetz wäre wegen eines Verstoßes gegen das Grundrecht der Meinungsfreiheit voraussichtlich zudem verfassungswidrig.

Die Grenze für einen Eingriff in das Grundrecht der Meinungsfreiheit wäre erst dann erreicht, wenn die betreffenden Meinungsäußerungen die rein geistige Sphäre des Für-Richtig-Haltens verlassen und in Rechtsgutverletzungen oder erkennbar in Gefährdungslagen umschlagen würden. Dies sei insbesondere dann anzunehmen, wenn sie den öffentlichen Frieden als Friedlichkeit der öffentlichen Auseinandersetzung gefährden und so den Übergang zu Aggression oder Rechtsbruch markieren würden.

Diese hohe Schwelle für eine Ermächtigung zu Eingriffen in das Grundrecht der Meinungsfreiheit werde durch die Unterstützung des Klägers für die BDS-Kampagne ersichtlich nicht erreicht, so das VG. Denn es bestünden keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass die im Bundesgebiet entfalteten Aktivitäten der auf den Staat Israel zielenden Boykottbewegung auch eine die Friedlichkeitsgrenze überschreitende gezielte Stimmungsmache gegen die jüdische Bevölkerung in Deutschland oder gar ein Aufstacheln zum Hass gegen diese Personengruppe umfassen könnten.

Das VG Stuttgart hat die Berufung gegen sein Urteil nicht zugelassen. Die Beteiligten können die Zulassung der Berufung beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg beantragen.

Verwaltungsgericht Stuttgart, Urteil vom 21.04.2022, 7 K 3169/ 21, nicht rechtskräftig

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