Mitglied werden
Suche
Vor Ort
Presse
Menü

Veränderung pro Sekunde

Login
Menü schließen

Menü schließen

Sie sind hier:  Startseite  Bayern  Newsticker-Archiv    Online-Portal «www.muenchen.de»: Verstöß...

Online-Portal «www.muenchen.de»: Verstößt gegen Gebot der Staatsferne der Presse

19.11.2020

Das Stadtportal der Landeshauptstadt München "www.muenchen.de" verstößt gegen den Grundsatz der Staatsferne der Presse und ist deswegen wettbewerbswidrig. Dies hat das Landgericht (LG) München entschieden und damit der Klage einiger Münchner Zeitungsverlage stattgegeben.

Der Internetauftritt "www.muenchen.de" ist das im Jahr 2004 in der heute abrufbaren Form aufgeschaltete offizielle Stadtportal für die Landeshauptstadt München. Er ist mit bis zu rund 2,9 Millionen Besuchen und zwölf Millionen Seitenaufrufen im Monat das mit Abstand meistbesuchte Münchner Serviceportal und gleichzeitig eines der erfolgreichsten deutschen Stadtportale. Das Portal umfasst mehr als 173.000 Seiten.

Das LG München I stellt zunächst klar, dass es über "www.muenchen.de" nur in der ihm zur Entscheidung gestellten konkreten Ausgestaltung zu urteilen hatte, nicht über das Stadtportal per se. In der konkret beanstandeten Form sei das Portal mit dem verfassungsrechtlichen Gebot der "Staatsferne der Presse" gemäß Artikel 5 des Grundgesetzes (GG) unvereinbar und deshalb wettbewerbswidrig.

In seinem Urteil hat das LG eine umfassende Interessenabwägung zwischen der Garantie der kommunalen Selbstverwaltung, Artikel 28 Absatz 2 Satz 1 GG, und der Garantie des Instituts der freien Presse, Art. 5 Absatz 1 Satz 2 GG, vor. Für die Entscheidung zog das LG hierbei vor allem jene Beurteilungsmaßstäbe heran, die der Bundesgerichtshof in seinem Urteil "Crailsheimer Stadtblatt II" vom 20.12.2018 (I ZR 112/17) aufgestellt hat. Diese Entscheidung sei zwar zu einem zeitungsmäßig aufgemachten Druckwerk ergangen, aber auf das in Streit stehende Internetportal übertragbar.

Da im Internet aber andere Nutzergewohnheiten gelten als bei einem Printmedium, sah das LG die Grenzen des Zulässigen im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung etwas weiter als bei einem klassischen Presseprodukt. Den zulässigen Bereich der Berichterstattung überschreite das Portal "muenchen.de" jedoch in einer Gesamtschau dennoch deutlich.

Der Internetauftritt des Portals biete in der zur Entscheidung gestellten Ausgestaltung den Lesern eine Fülle von Informationen, die den Erwerb einer Zeitung oder Zeitschrift – jedenfalls subjektiv – entbehrlich mache. Es werden in Quantität und Qualität deutlich Themen besetzt, deretwegen Zeitungen und Zeitschriften gekauft werden. Die Beklagte beschränke sich hier nicht auf Sachinformationen. In zahlreichen Beiträgen werde über das gesellschaftliche Leben in München berichtet, sie beträfen sämtlich keine gemeindlichen Aufgaben oder zumindest Aktivitäten und bewegten sich nicht mehr innerhalb der zulässigen Themenbereiche, so das Gericht.

Auch im Layout bediene sich "muenchen.de" einer derart (boulevard-) pressemäßigen Illustration mit Überschriften, Zwischenüberschriften, Bildern, Zitaten und unterhaltsamem Text, dass die verfassungsmäßigen Zulässigkeitsgrenzen überschritten seien. Es sei vielmehr insgesamt nicht mehr erkennbar, dass das Stadtportal eine staatliche Publikation darstelle, so das LG.

Landgericht München I, Urteil vom 17.11.2020, 33 O 16274/19, nicht rechtskräftig.

Mit Freunden teilen