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Online-Marktplatz für Apotheken: Bei Gefahr für Eigenverantwortlichkeit der Apotheker unzulässig

12.12.2022

Es ist unzulässig, für Apotheken eine Online-Plattform bereitzustellen, über die diese Arzneimittel an Patienten verkaufen können, wobei der Marktplatzbetreiber von den teilnehmenden Apotheken eine monatliche Grundgebühr und eine umsatzabhängige Transaktionsgebühr (letztere auf Verkäufe von rezeptfreien Arzneimitteln) verlangt. Dies stellt das Landgericht (LG) Karlsruhe unter Verweis auf die Regelungen in §§ 8 Satz 2, 11 Absatz 1a Apothekengesetz (ApoG) klar. Die Apothekerkammer könne den Betrieb eines solchen Online-Marktplatzes nach den Vorschriften des Wettbewerbsrechts (UWG) untersagen lassen.

Dies ergebe sich insbesondere aus dem vom Gesetzgeber mit den genannten Vorschriften verfolgten Zweck. Der Schutzzweck des § 11 Absatz 1a ApoG liege im Allgemeininteresse an der Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln. Dafür sei nach der Wertung des Gesetzes ein flächendeckendes Netz wohnortnaher Apotheken erforderlich. Die Versorgung der Bevölkerung mit wohnortnahen Apothekendienstleistungen könne gefährdet sein, wenn wirtschaftlicher Druck auf die niedergelassenen Apotheken entsteht. Seien solche Marktplätze wie derjenige der Klägerin, einer großen niederländischen Anbieterin, erst einmal am Markt etabliert, stünden Apotheker vor der Wahl, sich entweder an entsprechenden Geschäftsmodellen zu beteiligen oder Verschreibungen zu verlieren.

Der Gesetzeszweck des § 8 Satz 2 ApoG liege darin, Rechtsverhältnisse zu vermeiden, in denen sich ein Dritter die beruflichen und wirtschaftlichen Fähigkeiten von Apotheker zunutze macht und an den Früchten der Apotheke partizipiert. Apothekern solle die eigenverantwortliche Führung und Leitung ihres Betriebs sowohl in fachlicher, also wissenschaftlich-pharmazeutischer als auch in betrieblicher und wirtschaftlicher Hinsicht möglich sein, ohne (auch nur indirekt) bei ihren Entscheidungen von Dritten beeinflusst oder bestimmt zu werden. Dadurch solle sichergestellt werden, dass Apotheker ihrer öffentlichen Aufgabe, eigenverantwortlich an der ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung mitzuwirken, in sachgerechter Weise nachkommen, betont das LG. Apotheken könnten, wenn sie sich dem Marktplatz der Klägerin angeschlossen haben, möglicherweise in einigen Jahren aufgrund gestiegener Marktmacht der Klägerin und sich gegebenenfalls ändernder Vertragsbedingungen in wirtschaftliche Abhängigkeit geraten, wie dies von anderen Marktplätzen, etwa booking.com, als allgemeinbekannt vorausgesetzt werden könne.

Das Urteil gewinne zusätzliche Bedeutung vor dem Hintergrund des elektronischen Rezepts, das seit 01.09.2022 schrittweise in Deutschland eingeführt wird, so das LG weiter. Dabei übermittelten Arztpraxen die Verordnungsdaten elektronisch an den e-Rezept-Server. Patienten erhielten einen Zugangscode, den sie (gegebenenfalls unter Nutzung einer e-Rezept-App) einer Apotheke ihrer Wahl bereitstellen. Die Apotheke könne sich damit die Daten vom Server laden und die Medikamente ausgeben. Indem die Abläufe im Gesundheitswesen aufgrund der Einführung des e-Rezepts in naher Zukunft weitaus digitaler sein werden, würden sich die aufgezeigten – möglichen – Entwicklungen am Markt, die der Gesetzgeber gerade verhindern wolle, nochmals beschleunigen.

Die Klägerin (Marktplatzbetreiberin) kann das Urteil durch Berufung zum Oberlandesgericht anfechten.

Landgericht Karlsruhe, Urteil vom 08.12.2022, 13 O 17/22 KfH, nicht rechtskräftig

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