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Nicht als Ärztin approbierte "Anästhesistin": Verurteilung wegen Mordes und versuchten Mordes aufgehoben

21.02.2024

Ein Urteil des Landgerichts (LG) Kassel unter anderem wegen Mordes und versuchten Mordes zulasten einer nicht als Ärztin approbierten "Anästhesistin" hat teilweise keinen Bestand. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat es auf die Revision der Angeklagten wegen sachlich-rechtlicher Fehler teilweise aufgehoben. Unter anderem fehle in manchen Fällen eine tatzeitbezogene Prüfung des Tötungsvorsatzes der Angeklagten.

Die Angeklagte, die keine approbierte Ärztin ist, war in einem Krankenhaus als Ärztin tätig. Sie hatte sich dort unter Vorlage einer gefälschten Approbationsurkunde und eines unrichtigen Lebenslaufs beworben. In dem Lebenslauf hatte sie wahrheitswidrig angegeben, erfolgreich Medizin studiert zu haben. Die Angeklagte arbeitete zunächst in der Inneren Abteilung. Dann wechselte sie in die Anästhesie. Dort war sie bei Operationen als Narkoseärztin eingesetzt. Die dabei von ihr begangenen Fehler sind Grundlage der ihr angelasteten Körperverletzungs- und Tötungsdelikte.

Das LG hat die Angeklagte wegen Mordes in Tateinheit mit unerlaubtem Verabreichen von Betäubungsmitteln in drei Fällen, versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und unerlaubtem Verabreichen von Betäubungsmitteln in zehn Fällen, gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit unerlaubtem Verabreichen von Betäubungsmitteln in drei Fällen, Betruges in Tateinheit mit Urkundenfälschung und Missbrauch von Berufsbezeichnungen in zwei Fällen sowie wegen Missbrauchs von Titeln und Berufsbezeichnungen in vier Fällen zu einer lebenslangen Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt und die besondere Schwere der Schuld festgestellt.

Das landgerichtliche Urteil hielt der revisionsrechtlichen Überprüfung nur teilweise stand. Der BGH hat den Schuldspruch aufgehoben, soweit die Angeklagte in drei Fällen wegen Mordes und in 13 Fällen wegen versuchten Mordes verurteilt worden ist. Das LG habe zwar zutreffend erkannt, dass die hier gegebene objektive Gefährlichkeit der Tathandlung wesentlicher Indikator sowohl für das Wissens- als auch für das Willenselement des bedingten Tötungsvorsatzes ist. Es habe aber weder in allen Fällen eine tatzeitbezogene Prüfung des Tötungsvorsatzes durchgeführt noch vorsatzkritische Umstände, die sich aus dem Verhalten der Angeklagten bei den durchgeführten Operationen und ihrer Persönlichkeitsstruktur ergaben, hinreichend in den Blick genommen.

Die Aufhebung der Einzelstrafen in 13 Fällen entziehe sowohl dem Gesamtstrafenausspruch als auch der Feststellung der besonderen Schwere der Schuld die Grundlage. Der BGH hat das Urteil des LG insoweit aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Schwurgerichtskammer zurückverwiesen.

Die Feststellungen zum objektiven Kerngeschehen der einzelnen Taten (Narkosebehandlung der Angeklagten während der Operationen) konnten laut LG bestehen bleiben. Die die subjektive Tatseite mittragenden Feststellungen zur Persönlichkeitsstruktur der Angeklagten und zu ihren Verhaltensauffälligkeiten hat der BGH dagegen mit aufgehoben. Der nunmehr zur Entscheidung berufene Tatrichter werde insofern umfassende neue und in sich widerspruchsfreie Feststellungen zu treffen haben. Einen Fehler des landgerichtlichen Urteils bei der konkurrenzrechtlichen Behandlung des Missbrauchs von Titel und Berufungsbezeichnungen hat der BGH selbst korrigiert und die Einziehungsentscheidung klargestellt.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.02.2024, 2 StR 468/22

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